Frank Nussbücker: Union schlägt Köln in Halbzeit 2

Union Berlin gewinnt 2:0 gegen Köln

Bildquelle: Harleypaul on Tour [], (Bild bearbeitet)

Zum letzten Pflichtspiel des Jahres erging es mir wie etlichen meiner Freunde und Bekannten: Ich blieb verschnupft daheim und konnte all unsere Lieder zwar mit heißem Herzen, doch nur auf der heimischen Couch mitsingen. Schon lange schlug mein Herz nicht mehr derartig verunsichert vor einem Auftritt unserer Mannschaft. Letztes Wochenende sorgten meine Begleiter aus der Reisegruppe der Caritas-Werkstatt Oranienburg dafür, dass mir die Auswärtsfahrt trotz des Spiels zum durchweg positiven Erlebnis wurde.

Das war hier und jetzt nicht drin, diesmal hatte ich Sieg oder Niederlage, Fight oder Aufgabe allein mit mir auszumachen. Ich war auf alles gefasst. In der Nacht zuvor hatte ich geträumt, wir spielten das Derby gegen Hertha in einem kleinen Stadion mit halbleeren, schweigenden Rängen. Wir hatten nicht schlecht gespielt, aber auch nicht gut. Irgendwann war ich auf der Traverse eingeschlafen. Als ich erwachte, lagen wir 0:1 hinten, gerade hatte die zweite Halbzeit begonnen …

Schon immer Gewusstes nützt uns jetzt nichts

Es ist normal, dass große Teile der Presse unseren Sieg gegen Gladbach als die Wende zum Guten feierten, die knappe Niederlage gegen Real Madrid als großen Auftritt bewerteten und angesichts unserer desaströsen Niederlage in Bochum schon immer wussten, dass es genau so kommen würde. Bei allem Wissen um menschliche Schwächen finde ich es dennoch ausgesprochen schade, dass sich auch etliche von uns im Praktizieren derartiger Besserwisserei üben.

Noch mehr schade finde ich es, wenn sich manche dazu als Richter aufschwingen und wahlweise Präsidium, sportliche Leitung, Trainer, Mannschaft oder einzelne Spieler standrechtlich verurteilen. Zusammen feierten wir diverse Siege, und nur zusammen werden wir das hier überstehen – auch bei diesem Spiel mit jenen, die im Moment da sind. Jede konstruktive Kritik sei willkommen, schon immer Gewusstes oder noch so toll begründete Verurteilungen helfen uns jetzt keinen Fatz. Also ab aufn Platz, mit zwei neuen, von vielen längst als Fehleinkauf „enttarnten“ Stürmern in der Startformation.

Zäher Beginn

Mehr Kellerduell geht im Moment nicht: Beide Teams hatten nur 10 Punkte und das gleich negative Torverhältnis. Wie wundervoll wäre es, könnten wir uns nach diesen fürchterlichen letzten Monaten mit einem Sieg in die Mini-Winterpause verabschieden. Genau andersherum sah es wohl jener Unioner, der gerade Chefcoach unseres Gegners ist. Im Hintergrund läuft unsere Hymne, während das Radio-Team über die Stabilität von Steffen Baumgarts Trainerstuhl philosophiert.

Unsere erobern den Ball, greifen an – allerdings ohne Abschluss. Stille im Stadion, erneuter Protest gegen den Investoreneinstieg in die Liga. Union marschierte weiter: Freistoß, Ecke, der Kopfball gegen die Laufrichtung des Keepers, aber knapp drüber. Ohnehin habe der Schiri die Szene aufgrund eines Stürmerfouls abgepfiffen. Mir ist flau in der Magengegend, weil ich hier auf dem Sofa so gar nichts machen kann. Köln könnte umschalten, bleibt aber an Juranovic hängen.

 

 

Zurück nach Bochum?

Kurz darauf attackieren die Jecken schnell und direkt auf links. Einer ist sträflich frei vor unserem Tor – hätte das Timing gestimmt, lägen wir jetzt wohl hinten. So gibt es nur Ecke für Köln. Wald- und Wuhleseite „huldigen“ dem Verband, Unioner und Kölner vereint im Protest, die 12 ersten Spielminuten sind also herum. Aufm Platz greifen die Kölner an, aber Freddy hat ihn! Unsere agieren vorsichtig, vermeldet der Kommentator – und ich verstehe klar wie deutlich: „verunsichert“!

Die Kölner dagegen seien aggressiv, greifen an, erkämpfen die zweiten Bälle – ich fühle mich nach Bochum zurückversetzt. Kurz mal Union, dann wieder Köln. Sie sahen offenbar eine Lücke, die am Ende wohl unser Keeper schloss. Dann Hollerbach vorm gegnerischen Tor – es sei besser gewesen, er hätte auf Behrens abgespielt, sagt der Kommentator. Tat der junge Wilde aber nicht und blieb schließlich hängen. Wenig später hilft er hinten aus und klärt zur Ecke.

Bauchgrummeln und Fackeln in der Nacht

„He FC Union!“, schallt es lautstark von den Rängen, was unserer Mannschaft Mut geben soll. Ein Kölner schießt aus 25 Metern in die 3. Etage. Dann eine Dreifach-Chance – und dreimal heißt der Sieger Frederik Riis Rønnow, danke Keeper! Schäfer dringt mit Tempo in den gegnerischen Sechzehner ein, Dominique Heintz klärt beherzt zur Ecke. Ihr folgen weitere, unsere Mannschaft setzt sich über mehrere Minuten im Kölner Strafraum fest! Dann nochmal Köln, bevor des Schiri Dreifach-Pfiff diese überaus zähe 1. Halbzeit beendet.

Es ist in der Tat ein Kellerduell mit allen dazugehörenden Beklemmungen. Ginge es unserem Gegner nicht ebenso wie uns, könnte er befreiter aufspielen, hätten wir wohl ein weiteres Mal hinten gelegen. Das hätten wir auch heute, hütete nicht ein gerade atemberaubend formstarker Typ unseren Kasten! Ich traute mich kaum zurück vor mein Radio, so verpasste ich die vom Schiri anberaumte „Rauchpause“. Die brennende Waldseite sah ich erst anderntags im Netz. Ein toller wie teurer Anblick – wobei dieses Feuer durchaus etwas von einer Initialzündung hatte.

 

 

Union eiskalt

Zunächst einmal für die Kölner, denn die erarbeiteten sich eine weite Riesenchance: Flanke von rechts in den Strafraum, Kopfball aufs lange Eck – und wieder zeigt Freddy einen irreschnellen Reflex, hält uns dieser Kerl im Spiel! Ich weigerte mich mit aller Kraft, an das berüchtigte Wenn-Dann zu denken. Kurz darauf nutzt der von vielen vielgescholtene Benedict Hollerbach nach Vorlage des ebenfalls gescholtenen Kevin Volland aus spitzem Winkel eine eigentlich nichtexistente Chance zur Führung für Union!

Die sei schmeichelhaft, vermelden die Kommentatoren, aber wie das Leben so spielt: Jetzt wirken die Kölner derart gelähmt, wie in den letzten Wochen so oft unsere Mannschaft. Die befindet sich nun im Vorwärtsgang, immer wieder in Richtung Fofana, der zur 2. Halbzeit für Behrens ins Spiel kam. Als die Kölner angreifen, gibt der ebenfalls neu ins Spiel gekommene Trimmi das Spielgerät per Brust an seinen Tormann. Union ist aufm Platz, was für ein wunderbares Gefühl!

Danke, Unioner, danke!

Angriff Král, Nachschuss Volland – beide Male hält der Kölner Keeper! Nun sind es die Gäste, die nicht mehr zu Chancen kommen. Unsere wirbeln vorn und halten hinten dicht – wieder fängt Trimmi einen gegnerischen Angriff ab. Bonucci passt auf Fofana, der leider aus mir angesagten 9 Metern nicht am Kölner Keeper vorbeikommt. Aber weiter geht’s, und einmal mehr ist es Volland, der für Fofana nach dessen Anweisung auflegt, dass der ebenfalls Vielgescholtene gar nicht mehr anders kann, als einzunetzen!

Meine Riesenfreude wurde lediglich übertroffen von der Erleichterung, dass sich unsere Mannschaft irgendwie doch noch mit einem gelungenen Schlussakkord aus diesem Jahr verabschiedete. Dass sie sich für die nie abgerissene Unterstützung von den Rängen auf diese Weise bedankte! Hier ist noch nichts gerockt, aber der 1. FC Union Berlin lebt! Lasst uns kurz innehalten, dann geht’s weiter! Mit aller Gewalt – Klassenerhalt heißt: Wer Union im Herzen trägt, haue alles rein, dass wir das Ziel erreichen! Dir ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in neues Jahr, das mit drei Auswärtsspielen beginnt, Eisern heißt dit!


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