Frank Nussbücker: Mit letzter Kraft - unglückliche Niederlage bei Düsseldorf

Mit letzter Kraft Union Berlin gegen Düsseldorf

Bildquelle: Ghermezete [Public domain] [CC BY-SA 0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Was für ein Jahr – und doch wirken viele von uns seit Wochen ein wenig ausgelaugt. Der Kurier fragte schon nach dem Schalke-Spiel, ob Union langsam die Puste ausgeht. Der Arbeitssieg gegen erschreckend schwache Kölner erzählte etwas anderes. Dann konnten wir in Paderborn nicht gewinnen und wurden Am Stadion An der Alten Försterei nach großem Kampf mit unseren eigenen Mitteln geschlagen. Nun also das letzte Spiel gegen zuletzt erschreckend sieglose Düsseldorfer.

Während ich meine Mutter im Krankenhaus besuche, ist mein Union-Kumpel Chris mit seiner Liebe und den anderen Eisernen Auswärtsfahrern in Düsseldorf vor Ort, um unsere große Fußball-Liebe zum Sieg zu brüllen. Ich selbst würde mich schon über einen Punkt sehr freuen, Chris‘ erste Eindrücke machen mich nachdenklich. Die Beine unserer Spieler wirken schwer, und auch die Stimmung im Gästeblock ist nicht ganz so wie bislang.

Schwere Beine, müde Finger

„Tatsächlich ist die Heimkurve heute lauter als die unsrige“, lauten seine mahnenden Worte. Wie schon so oft ist unsere Mannschaft keineswegs die Schlechtere aufm Platz, aber wie mahnte Urs: „“Gut ist nicht gut genug!“ Das erinnert mich an Heinz Werners Aussage aus tiefsten DDR-Zeiten: „Wenn wir nicht härter trainieren als alle anderen, werden wir es nicht schaffen!“ Trainerfuchs Werner meinte damit den Verbleib in der obersten Spielklasse der DDR.

Sicher ist allein schon unsere erstmalige Zugehörigkeit zur obersten gesamtdeutschen Spielklasse eine Sensation – aber nun folgen Feier und Rausch die schier endlosen Mühen der vielzitierten Ebene. In der Sprache dieses Spiels: 7 Minuten vor der Pause haut der nicht wirklich bessre Gegner das 1:0 in die Maschen unseres Tors. War das ein Foul zuvor? Ganz ehrlich: Ich bin nicht entrüstet, dass hier der Videokeller nicht bemüht wird. Doppelte Verneinung – auch meine Finger sind schwer an diesem Jahresende.

Micha am Ball

15 Minuten Pause, in denen ich mich nahezu ungestört mit meiner Mutter unterhalte. Sie wird das Weihnachtsfest im Krankenhaus verbringen. Sammelt Kraft, wie hoffentlich auch unsere Spieler. Zurück auf dem Platz, brennt die Luft. Die Kurve gibt nochmal alles, unsere Mannschaft spielt Pingpong im gegnerischen Strafraum. Es ist unser Micha, der dem Ganzen ein Ende bereitet, indem er die Kugel sicher über die Torlinie schiebt. Ausgerechnet Micha? Natürlich Micha, wer denn sonst? Ist ja längst nicht das erste Mal, dass der dienstälteste Unioner aufm Platz den Unterschied ausmacht.

Unsere Mannschaft ist jetzt hellwach. Kurz nach Michas erstem Bundesliga-Treffer Dauerbeschuss des gegnerischen Kastens, aber immer hat ein Fortune sein Bein dazwischen. Union drückt und drückt, leider ohne zählbaren Erfolg. Die Heimmannschaft wird stärker, die Zeit läuft ihr davon. „FC Union, Unsre Liebe …“, schallt unser Mantra von den Rängen, und auch ich singe auf meinem Weg zum Bus laut mit.

 

 

Wir sind Union!

Als mein Telefon piept, durchfährt es mich heiß und kalt. Es ist Chris – und er schreibt: „Kurz vor Abpfiff leider das sehr glückliche 2:1 für die Fortuna.“ Mitten in unser Mantra fiel dieser elendige Gegentreffer, genau wie am 31. Oktober 2018 in Dortmund kurz vor der Pause. Unsere Antwort damals: Wir hörten nicht etwa auf, sondern besangen nahezu die gesamte Pause hindurch unsere Liebe, unsere Mannschaft, unseren Stolz – gaben einen Sch… auf das Gedudel der Dortmunder Beschallungsanlage.

Ich sage: Genau das muss in der Rückrunde unsere Antwort sein. Haben uns die Gegner jetzt entschlüsselt? Also finden wir neue Wege auf dem Platz! Ich weiß, das sagt sich einfach, aber mein Glaube ist: Wenn jemand diese Mammut-Aufgabe packt, dann Urs, Oliver und ihr Team! Verdammt schwer wird diese Rückrunde aber für uns alle! Und wir auf den Rängen sind mehr denn je gefordert. Seien wir laut genug, dass gegnerische Trainer ihre Spieler nicht erreichen und diese allzeit wissen: Union Berlin ist verdammt viel mehr als 11 Fußballprofis.

In Frieden und in aller Ruhe Kräfte sammeln

Natürlich reicht es ab dem 18. Januar 2020 nicht, von unserem irren Aufstieg im Mai oder unseren sensationellen Pflichtspiel-Siegen gegen deutsche Europapokal-Teams zu schwärmen. Uns erwartet der nackte Kampf: „Mit aller Gewalt Klassenerhalt!“ Für uns aber stets verbunden mit der Gewissheit, dass wir Union in jeder Liga lieben und bedingungslos unterstützen. Einfach, weil wir nicht anders können – und wollen. So zumindest erlebe ich es bei jedem Spieltag im Stadion, bei nahezu jedem Gespräch mit einer Unionerin oder einem Unioner.

Jetzt aber heißt es für uns: Kräfte sammeln, Batterie auftanken – und gern auch mal an was anderes denken als an Union. Zumindest ab heute Abend nach den Weihnachtssingen AdAF, auf dem Arnimplatz – überall dort, wo Unioner zusammenkommen, um gemeinsam die Weihnachtszeit einzusingen. Aus dieser Gemeinsamkeit weit über jeden Fußballplatz hinaus erwächst unsere Kraft, wächst all das, was hinter unserem Schlachtruf steckt. Kümmern wir uns gerade jetzt an all jene Eiserne, denen es nicht so gut geht. Wir brauchen jede und jeden von uns. Eisern heißt dit, Eisern Union.


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