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Bildquelle: Detlefrueter [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)
Das neue Jahr war noch keine zwei Tage alt, als unsere 1. Herrenmannschaft das nächste Punktspiel zu absolvieren hat. Was ist noch normal in dieser Zeit? Also los, nach 10 Tagen Weihnachtspause hisse ich auf dem Balkon die Fahne des Eisernen V.I.R.U.S. und begebe mich zu einem Unioner-Freund, um das Spiel wenigstens in Gesellschaft zu schauen. Ach so, an dieser Stelle Dir, liebe Leserin und lieber Leser, ein positives neues Jahr gewünscht, und zwar herzlich!
Die letzten Tage lediglich ein paar Schattengefechte um ein aus meiner Sicht blödsinniges Foto aus dem letzten Derby. Als ich einem namhaften Herthaner meine Meinung zu seiner Reaktion darauf schreiben will, sehe ich auf seiner Seite die Nachricht über den Tod von Herthas ehemaligem Physiotherapeuten. David de Mel war mein Kumpel. Als Geschäftsführer meiner einstigen Stammkneipe organisierte er viele Lesungen für mich. Später ging er zu Hertha, und wir sahen uns alle paar Jahre. Augenblicklich interessiert mich der bekloppte Streit keinen Fatz mehr. Das Leben ist zu kurz für solchen Quark.
Endlich geht’s los, wer kann denn heute wieder mit dabei sein? Na, wenigstens Ingvartsen, Der Tisch ist wie immer liebevoll mit Bier & Knabbereien gedeckt, unsere stoßen an. Fast gefährlich kommen die Bremer vor unser Tor. Als wir letztes Jahr hier waren, stand ich am Rand des Gästeblocks, hinterm Zaun begann das Heim-Publikum. Die standen, und pünktlich zum Anpfiff setzten sie sich hin. Wir Unioner hielten es wie immer anders herum. Nach Abpfiff kannten die armen Bremer viele unserer Lieder.
Siebte Minute, Bremen bekommt eine Ecke. Käpten Trimmel klärt, den zweiten Ball hat Luthe. Knapp vier Minuten später kontern unsere, auffallend schnell. Becker und Awoniyi kreuzen elegant, der Nigerianer bedient den Niederländer – und drin ist das Ding! Die Maschen tanzen wie wir in der juten Stube, gibt’s denn das? Inmitten all dieser unschönen neuen Normalitäten bleibt auch Union Berlin dabei, den Gegner früh zu schocken!
Die Zwanziger-Minuten bringen zunächst unguten Gegenwind. Unser Torwart spielt unglücklich zum Gegner ab, der schießt zum Glück übers Tor. Kurz darauf Ecke Bremen – und Robert Andrich sieht Gelb für das berühmte Nichts! Den nächsten Schuss auf unser Tor hat Luthe sicher. Das Ding war abgefälscht, zum Glück nicht scharf geschossen. Dann wieder: „Unioner stürmen vor …!“ Dieses Mal behauptet Becker den Ball, schickt Awoniyi: Abseits? Nee! Foul? Vergiss es! Stattdessen: „Den Ball hinein ins gegnerische Tor!“
Unser Jubel sprengt jedwedes Maß für Zimmerlautstärke. Und ja, wir stehen! „Auf welchem Tabellenplatz eigentlich?“, fragt jetzt sicher nicht nur mein lieber Gastgeber. Ich bleibe ganz professioneller Pessimist: „Frag das mal bitte, wenn das blöde Spiel endlich vorbei ist!“ Und das ist noch lange hin, wir haben erst Minute 28. Und die Zeit zieht sich schier endlos. Andrich kriegt den Ball auf die 12, geht zu Boden, der Kommentator fachsimpelt vom Einprallwinkel.
Und noch immer ist nicht mal Halbzeit. Grischa sieht die Gelbe – und kurz drauf kommts noch dicker: Der Ball liegt in unserem Tor – welch ein Glück, Abseits. Sagt der Schiri, aber wir haben ja mittlerweile professionelle Video-Kieker im so genannten Keller. Hoffentlich haben die die Fernsehbilder zur Verfügung. Da könnten sie nämlich sehen, dass der Schiri richtig entschieden hatte. Nun, sie brauchen erstaunlich lange, bis sie zu einer Entscheidung kommen. Hatten sie das Tor etwa zu heftig gefeiert?
Endlich hebt der Schwarze den Arm, es bleibt beim Abseits. Lieber Fußballgott, lass dies das Signal zum richtigen Zeitpunkt sein! Union holt sogar noch eine Ecke raus – leider drüber. Endlich der Halbzeitpfiff. Die Pause haben selbst wir in der juten warmen Stube jetzt nötig. Der Bremer Coach bringt zwei neue Spieler, einen ehemaligen Charlottenburger. Union greift an, besser isses! In der 53. sieht der Ex-Blau-Weiße den gelben Karton, nix dagegen!
Es geht hin und her, und irgendwann tut mir mein Gastgeber geradezu leid. Unsere Mannschaft steht hervorragend und ist zumeist weit näher am dritten Tor dran als die Bremer am Anschlusstreffer. Dennoch kann ich nicht anders, als jedweden Ballverlust, jede Annäherung des Gegners an unser Tor zumindest mit Stöhnen, zumeist jedoch mit wüstem Herumgeschreie zu begleiten. Am Ende wird Bremen zweimal öfter Richtung Tor geschossen und einen Eckball mehr herausgespielt haben.
Dessen ungeachtet waren sie so ungefährlich wie vor einem knappen Jahr, als das Weserstadion das vorerst letzte Ziel einer „Eisern trotz(t) Handicap“-Fahrt war und wir dessen Ränge so rockten wie unsere Spieler den Rasen. Endlich ist auch die Nachspielzeit herum und wir reißen noch einmal die Arme hoch. Wenigstens das, sage ich mir, wenigstens macht uns unsere Mannschaft samt Betreuer- und Funktionsteam auch im neuen Seuchenjahr diese Freude: 24 Punkte auf dem Weg zum Klassenerhalt lassen mich schweben, bis jetzt – wo draußen wundersame weiße Flocken fallen. Eisern heißt dit, Eisern Union!
Wer: Martin Krüger (45)
Wann:26.11.2024