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Bildquelle: Harleypaul on Zour [], (Bild bearbeitet)
Wieder starteten wir in der Liga gegen Mainz 05, diesmal auswärts und bei sengender Hitze. Wie würden Mannschaft und Trainerstab die Tage nach Greifswald genutzt haben? Die Skepsis war groß, und ich Profi-Pessimist dachte an den Mainzer Kampfgeist, an bittere Union-Niederlagen in deren Stadion. Erst der Blick in die Statistik belehrte mich: Die letzte stammte vom 6. Februar 2021, danach errangen wir dort einen Sieg und drei Unentschieden. Aber erkläre das mal einem Pessimisten …
2.500 Eiserne beleben die Ränge, ließ mich der Kommentator wissen. Unsere Fahnen wehen im heißen Sommerwind und unsere Mannschaft erntet die Pfiffe des Heimpublikums, weil sie deren Team nach gewonnener Platzwahl zum Seitenwechsel bittet. „Schalalala, wir singen FC Union!“ 4 Minuten sind von der Uhr, da kommen die Hausherren fast durch, aber unser Zentrum ist dicht – und nein, dafür gibt’s auch keinen Freistoß!
Eine Minute später holt Mainz die erste Ecke, welche ohne jedwede Gefahr verpufft. Tousart am Boden, Mainz spielt weiter, „Union, Union!“ Kurz drauf holen sich die Mainzer die erste Gelbe wegen eines gestreckten Beins. Trimmis Freistoß wehren sie ab. In Minute 9 muss Frederik Rønnow erstmalig einen auf sein Tor gerichteten Schuss abwehren, und schon wieder kommt Mainz auf rechts zum Abschluss, nächste Ecke!
„Wir woll‘n euch siegen sehn!“, singen die Mainzer Fans, ein Offensivfoul beendet die Situation. Mainz lässt uns keine Ruhe beim Aufbau, zwingt uns zu langen Bällen nach vorn, die sie sich dann erkämpfen wollen. In Minute 12 drängen auch wir mal vor des Gegners Tor – Mist, den Ball zu lang vorgelegt. Auch unsere Angreifer stellen den Gegner vorn zu, Zweikampf folgt auf selbigen.
Jetzt mal schnell – schade! Schäfer kommt in der Mitte zum Schuss, ein Mannschaftskamerad steht der Flugbahn des Balls im Weg – aber jetzt: Jordan allein vorm gegnerischen Tor, doch auch er legt sich das Spielgerät zu weit vor, Doppelschade! Die erste echte Chance des von Anfang an Kampf-geprägten Spiels haben die Hausherren: Minute 19, Angriff über rechts, Flanke in den Sechzehner, Abschluss!
Hollerbach holt unsere erste Ecke, sie endet zunächst mit einer Faustabwehr des riesigen Mainzer Torwarts. Schäfer wagt einen Schussversuch der Marke halbherzig, dann ist Trinkpause. Kurzzeitig beherrscht eine nahezu totale Stille das Stadion. Es ist wohl auch dort drüben verdammt heiß – und sie haben nicht wie ich den nächsten kühlen See in Sichtweite vor der Nase.
Ecke hüben, Ecke drüben, vor allem aber Zweikampf auf Zweikampf. Das Gute: Unsere Mannschaft kämpfte sich in dieses Spiel hinein. Und immerhin müssen jetzt beide Keeper mehrmals ins Geschehen eingreifen und das nicht nur beim Spielaufbau. Ein Mainzer fällt in unserem Strafraum – nichts da, signalisiert der Schiri, das war zu wenig für das, was du mir da abverlangen willst. Niemand protestiert, kein Videokeller meldet sich zu Wort.
Das ist gerade meine größte Angst: Irgend so ein blödes Ding, und wir lägen womöglich hinten – weg mit derartigen Gedanken! Unsere verlagern das Spiel in die gegnerische Hälfte, wieder und wieder Vollversammlung in deren Strafraum, Hollerbach holt da mal eine Ecke, dort einen Freistoß: „Eisern Union!“ Angriff Mainz gegen Ende der Nachspielzeit – Mist, Gelb für Tousart, dazu Freistoß aus bester Position! Der wird nix, Pause!
Aus dieser kommen die Hausherren voller Tatendrang zurück: Erste Chance, sofort wird das Stadion laut. Und es bleibt laut, denn Mainz drängt weiter. Nach zwei Ecken direkt nacheinander kassieren wir Gelb Nummer 2 und einen weiteren gegnerischen Freistoß, wie jener kurz vor der Pause aus bester Position. Amiri läuft an zieht ab – Freddy hechtet gar nicht erst nach rechts, wo der Ball längst in unserem Tornetz zappelt, blöder Mist aber auch!
Und sie drängen weiter, holen Ecke auf Ecke, jetzt bloß kein 2:0, schießt es durch meinen Kopf. Nach einer weiteren Mainzer Ecke kommt Vertessen für Tousart. Hollerbach vorn gegen drei, Mainz hat den Ball – ich starre auf die Uhr: Wir haben schon die 69. Minute! Unsere schieben nach vorn – müssen sie ja, aber das kann eben auch gefährlich für uns werden. Trinkpause Nummer 2, wie um alles in der Welt kommen wir endlich zum nächsten Abschluss – er wäre der erste nach dem Pausentee!
Unser Trainer wechselt dreimal: Haberer, Benes und Skarke für Trimmi, Schäfer und Hollerbach. Der hatte auf seiner Seite ordentlich gewirbelt, aber – egal jetzt, Jungs, macht was draus! Angriff Union: Gosens spielt auf Skarke, der sich für Sekunden wunderbar abgesetzt hat und das Spielgerät sofort an Benes weiterreicht. Der Linksfuß dreht sich, zieht mit rechs ab – und jaaaaaaaaaa verdammt, das Mainzer Tornetz tanzt Pogo.
Zwischen Keeper und rechtem Pfosten war verdammt wenig Platz gewesen, und doch passte das Spielgerät genau hindurch! Hatten die Mainzer womöglich spekuliert, Benes würde sich das Spielgerät erst einmal vor seinen starken Fuß legen? Wie auch immer, ich bin jetzt einfach nur glücklich, und unsere Auswärtsfahrer stimmen die Eiserne Bella Ciao-Variante an, gefolgt von: „Union braucht keinen Karneval, Unioner feiern überall!"
Wie das Leben, so auch dieses Fußballspiel. Prompt folgt aufm Platz ein nächster Wehrmustropfen: Abwehrchef Kevin Vogt liegt verletzt am Boden. Er bleibt unten, verzieht schmerzvoll das Gesicht – und nein, der Kerl ist kein abgebrochener Schauspieler. Mist verdammter, er muss raus, massiv gestützt verlässt er den Rasen. Der junge Querfeld kommt für ihn ins Spiel, gute Besserung, Kevin!
Wir greifen an, Jordan bleibt am Keeper hängen, DAS wäre es doch gewesen! Benes auf Doekhi, der Ball, streicht knapp am Kasten vorbei. Doppelwechsel Mainz und erneut Benes, diesmal mit seinem linken Fuß, der Keeper klärt zur Ecke. 7 Minuten gibt’s obendrauf, und was bisher kampfbetont zu nennen ist, erlebt noch einmal eine heftige Steigerung: Ecke Union, Herzkasper-Chance Mainz, Rani mit Krämpfen am Boden.
90 plus vier, wieder greifen die Mainzer an. Freddy wehrt nach vorn ab, direkt vor die Füße eines Gegners, der das Ding glücklicherweise in den dritten Stock schickt. Das Herz schlägt mir gefühlt zwischen den Knien, es war grad sonst wohin gerutscht. Gegenzug Union, Gosens auf Benes – knapp vorbei! Was für ein irres Finale, in welchem sich Gosens leider eine Gelbe einfängt, für was war die jetzt? Dann der Abpfiff, stolzes Aufatmen meinerseits. In beiden Halbzeiten kam unsere Mannschaft zurück.
Beide Teams gehen in ihre Fankurve, holen sich den verdienten Applaus ab. Ein einziger, ewiger Zweikampf fand das beiden Seiten gerecht werdende Ende – und ja verdammt, wir können Bundesliga, oder etwa nicht? „Nach dem Spielverlauf ist der Punkt das Maximum, was heute möglich war“, urteilt Freund Christoph aus dem Gästeblock. „Aber ab der 70. Minute stand die Startelf für die nächsten Spiele auf dem Platz – und ich lege mich fest: Sie wird uns noch einige Freude machen.“
Wer: Laurenz Dehl (23)
Wann:12.12.2024