Frank Nussbücker: Mühsam durstig, Eisern Union gewinnt beim Greifswalder FC

Mühsamer Erfolg von Union Berlin in Greifswald

Bildquelle: Harleypaul on Tour [], (Bild bearbeitet)

Nun also war sie vorbei, die Pflichtspiel-freie Zeit, und es ging zum hungrigen Noch-Viertligisten Greifswalder FC. Pokalfight am Bodden auf einem ausverkauften Sportplatz, der etliche ältere Unioner an längst vergangene Zeiten erinnert, als unsere Gegner aus Falkensee-Finkenkrug kamen oder, um in Ostsee-Nähe zu bleiben, Anker Wismar hießen. Freund Christoph reiste, genau wie Torsten Eisenbeiser und einige andere, von der Insel Hiddensee an. Ich gönnte mir derweil den Luxus, das Spiel in meinem mecklenburgischen Lieblingsdorf zu verfolgen.

Als ich vom Festival aufm Nachbargrundstück an meinen Rechner stürze, sind die beiden Pyro-Einlagen von Heim-und Gästefans sowie die erste Großchance des Spiels bereits passiert. Letztere gehörte den Greifswaldern, erschrockenes Aufatmen meinerseits. Nun Ecke Union, Kuddelmuddel im Strafraum, Abstoß. „Eisern Union“ schallt es von den flach gehaltenen „Rängen“. Freistoß Greifswald, dann wir: langer Ball nach vorn, ein Greifswalder verhindert die nächste Ecke.

Ein viel zu kleiner gegnerischer Strafraum

Ich erschrecke, als ich einen Gesang vernehme, der sich in meinen Ohren wie „Rot-Weiß-Unaussprechliche“ anhört. Entwarnung, sie singen „GFC“, dessen Farben, wie im Gesang vermittelt, den unseren gleichen. Sie allerdings sehen sich als die „Richtigen“ in Rot-Weiß, der Kommentator weist darauf hin, dass dessen Spieler Profis sind – und klar, die haben bereits mehrere Pflichtspiele hinter sich. Das „Hier regiert der (oder „die“?) GFC“, kontern unsere Auswärtsfahrer mit „F-C-U-Fußballclub Union Berlin!“, Punktsieg auf den Rängen!

Aufm Platz mühen sich die Unseren in den für meine Augen noch immer gewöhnungsbedürftigen gelbweißen Obertrikotagen mit roter Schrift. Sorry, meine der Armeezeit geschuldete Rot-Gelb-Aversion werde ich wohl nicht mehr los. Lange Bälle nach vorn, die (noch) keinen Mitspieler erreichen, prägen unser Spiel. Ecke Union, getreten von unserem Neuen Laszlo Benes, dessen Spezialität genau das sein soll. Der gegnerische Sechzehner ist viel zu klein und viel zu voll. Haben die 15 Mann aufm Platz?

Zähes Ringen

Hollerbach ist durch – schade, auch daraus resultiert kein Torschuss. Die Ecke geht ins Nichts, „und ihr wollt 1. Liga sein!“, höhnt es ausm Heimbereich. Schon folgt die nächste Ecke, wieder nix, aber: „Man hat mir gesagt, es gibt mehr als Union …!“ 24. Minute, Eckball GFC: Sie kommt gefährlich rein, Freddy ist aufm Posten, aber verdammt nochmal, das war ein Torschuss! Es dauert eine ganze Weile, dann schießt Benes übers gegnerische Tor, immerhin eine Annäherung! Die Greifswalder werden unaufmerksam, doch es bleibt ungestraft.

„…, Greifswald ist dabei!“ gegen „Kämpfen und Siegen!“ heißt es aus den Blöcken, und der Kommentator lässt mich zusammenzucken, als er erwähnt, dass wir letztmalig 2015 in der ersten Pokalrunde ausschieden – nie wieder Viktoria Köln! „Auf geht’s, Greifswald schieß ein Tor!“, setzen die Heimfans nach. Aufm Platz eine Gelbe für ihr Team, kurz darauf ein Foul von Hollerbach, für das er sich von Käpten Rani einiges anhören darf. Freistoß Greifswald aus bester Position, Zwei-Mann-Mauer, laute Pfiffe der Unseren – „hier regiert der FCU!“

Union bemüht, Greifswald gefährlicher

Unsere Auswärtsfahrer bleiben am Ball, während sich unsere Mannschaft ideenarm abmüht. Wer ist frei? Wohin kann ich spielen? Ich spüre Ratlosigkeit, doch Schäfer holt auf Links eine Ecke raus! Ihr folgt eine weitere von rechts: Hoch, hoch, dann pflückt der Keeper die Pille sicher wie unbedrängt aus der Luft. Halbzeit 1 ist herum, das Greifswalder Publikum jubelt, der Stadionsprecher klingt berechtigt euphorisch. Die zwei einzigen echten Chancen gehörten dem Noch-Viertligisten aus der Boddenstadt!

 

 

Zweite Halbzeit, ein Schuss aufs gegnerische Tor! Die Unioner stimmen das Lied von der Eisernen Hochzeit an – bitte lass es nicht so lange dauern, bis Unsere das womöglich befreiende Tor schießen! Wir probieren was auf Links, doch es klappt nicht. „Du musst mit ihm reden!“, brüllt einer auf oder neben dem Platz. Als Greifswald die nächste Ecke holt, steht es hier 2:7 – Mist, sie kommt vors Tor, Freddy pflückt das Ding! Jetzt bloß kein Sch…-Gegentor!

Ein Ball aufs Tordach, immerhin …

Rani schießt in den 4. Stock, immerhin fast mal eine halbe Halb-Chance. Das Spiel ist zäh, der Gegner nicht minder. Nächster Torschuss, und noch immer: „Bis zur Eisernen Hochzeit, halt ich Dir die Treue!“ Ecke Union, wieder bleiben wir stecken. Mittelfeld-Gestocher, von beiden Seiten mit aller Entschlossenheit geführt, da erklingt, passend zu unserem Trikot, der Vorwärts-Song. Greifswald über links, Frederik kommt raus – nein verdammt, ich will heute bei aller Liebe zu Meckpomm kein „Wunder vom Boden“!

András holt, Ball am Fuß, die zigste Ecke raus. Sie kommt kurz und hoch, ist am Ende so ungefährlich wie alles andere zuvor, also: „Auf geht’s Union, Kämpfen und Siegen!“ Doppelwechsel, Vertessen für den wackeren Schäfer, Trimmi für Haberer, Susi geleitet die Ausgewechselten vom Platz. Unser sich nun wieder im Dienst befindlicher Käpten zeigt gleich mal Flagge: Pass auf Jordan, der das Ding aufs Tordach haut, Waaaahnsinn und „Eisern Union!“!

Jubeln und Zittern

Vertessen jagt eine weite Bananenflanke ins Aus. „He FC Union!“. Schallt es auf den Platz und Yorbe zeigt, dass er auch ganz anders kann: Vertessen auf Trimmel, weiter auf Hollerbach und der bedient Yorbe so, dass er die gefühlt erste Lücke im Greifswalder Abwehr-Bollwerk nutzt und das Ding nach 66 Spielminuten und 49 Sekunden wuchtig ins Netz haut! Ja verdammt, endlich führen wir – und das bitte gern „bis zur Eisernen Hochzeit!“, wie es folgerichtig von den Rängen klingt.

Aber was ist das: Nach zwei weiteren Eisernen Angriffen übernimmt der Hausherr! Ecke Trimmi, Konter GFC, und sie holen Eckball Nummer 3, gefeiert vom Heimpublikum. Abschluss aus der zweiten Reihe, der verdammt dicht nebens Tor geht! Hätte sich dieser Ball in die andere Richtung eingedreht, hätte unser Netz gezappelt – und schon wieder die Boddenstädter, macht bloß das verdammte zweite Tor!

 

Karims Bruder macht uns die Hölle heiß

Wir passen nach vorn – zum Gegner! „Wir lieben Union, jawoll!“ Mitten im Gesang bleibt mir das Herz stehen: Karim Benyaminas Bruder Soufian, der wohlweislich NICHT unser Trikot trägt, lässt unsere Defensive mal kurz alt aussehen und haut das Ding scheppernd an die Querlatte! Eiserne, reißt die Spielkontrolle wieder an euch! Wieder wechselt Bo doppelt, und die Greifswalder holen ihren vielleicht gefährlichsten Offensiven ins Spiel.

Endlich greifen Unsere wieder an: Schuss- und Kopfball-Festival im gegnerischen Strafraum, dann Ecke Trimmi auf links! Die ist immerhin gefährlich, „Eisern Union“ und „Oh Köpenick, du bist wunderschön!“ Konter Greifswald, unterbunden durch unseren Torschützen mittels eines Fouls der Marke „absolut Mannschafts-dienlich“, danke Yorbe! Schon wieder sind sie in unserem Sechzehner, ein Greifswalder am Boden – nix! „Auf geht’s Greifswald, Kämpfen und Siegen!“, das Heimpublikum ist voll da!

Noch viel Arbeit, aber Hauptsache Union!

Auf beiden Seiten höre ich Kinderstimmen, auch der Nachwuchs gibt alles! Die Mannschaften jetzt ebenfalls: Das Beste zuerst: Unsere Defensive steht noch, das Blöde: 5 Minuten Nachspielzeit, wo kommen die her? Kemlein kommt für Rani, ein Hoch auf unser Eigengewächs, gerne mehr davon. „Union, Union!“, Skarke holt eine Ecke: Kopfball, der Keeper hält, „Eisern Union!“ Gegenangriff Greifswald, Freddy begräbt den Ball unter sich. Weiter Abschlag auf Skarke, schade aber Zeit gewonnen! Unsere behaupten den Ball, und endlich kommt er, lang wie heiß ersehnt, der Schlusspfiff!

Einen weiteren Erfolg vermeldet Mittellinien-Nachbar Torsten Eisenbeiser: „Bier war alle in diversen Restaurants, die Schals ausverkauft.“ Auf den legendären Durst der Unioner ist eben Verlass. An einem Getränkestand soll es zum Diebstahl von Wasser durch Maskierte gekommen sein, das sollen Unsere gewesen sein? Freund Christoph konstatiert: „Heute ist es eher Fußball-Folklore, um einen Sportplatz zu stehen und im Gedränge das Spiel vor allem akustisch zu verfolgen. Es soll 1:0 für uns ausgegangen sein, bezeugen kann ich es mangels Sicht allerdings nicht.“ Wir sind tatsächlich eine Runde weiter, gewannen unser erstes Pflichtspiel, und nach wie vor gilt Christophs Fazit: „Madrid oder Greifswald, Hauptsache: Union!“


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