Frank Nussbücker: Niederlage in Leverkusen - Kein Unioner verliert allein

Bildquelle: Валерий Дед [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Am Morgen verfolgte ich im Netz zahlreiche Posts unserer Auswärtsfahrer: „Reist von A oder B nach Leverkusen.“ Ich selbst würde nur bis Grünau reisen, im von Unionern geführten Bootshaus Sportdenkmal den 50. Schlüpftag eines Eisernen Freundes zu feiern. Daselbst war zugleich ein bayrisch geprägtes Ess- & Trinkfest angesetzt. Bei der Ankunft umschwirrten mich zahlreiche Dirndl-Damen, genau wie in Augsburg schön anzusehen, sowie Herren in Kniebund-Lederhosen.

Inmitten dieser südwesteuropäischen Kultur zwei Tische mit Unionern. Eine von ihnen war so lieb, ein internetfähiges elektronisches Gerät mit größerem Display mitzubringen, auf dass wir auch hier das Spiel unserer Mannschaft gegen die im südlichen Nordrhein-Westfalen ansässige Fußball-GmbH verfolgen können.

Ohne Ton selbstverständlich, denn den gab verständlicherweise der Volksfest DJ an. Dank meiner Erfahrungen mit Fernseh-Kommentatoren war ich nicht böse drum.

Wenn das falsche Tornetz tanzt

„Ist gleich Anpfiff!“, zitierte mich Sporti auf den Sitzplatz neben sich, den er mir extra freigehalten hat. Der DJ rief das Publikum zum Mitsingen, also schickten wir kurzerhand ein „Eisern Union!“ über unsere Lippen. Nicht laut und aggressiv – einfach nur für uns, weil wir auch hier und gerade jetzt an nichts anderes dachten als an unseren Verein. Aggressiv zeigten sich unsere Spieler auch nicht gerade, wenn sie denn mal an den Ball kamen.

Fürs erste tröstete ich mich damit, dass auch der BVB weitaus mehr Ballbesitz gehabt hatte – aber schnell wurde selbst mir klar: Das ist ein gänzlich anderes Spiel heute. Schon hauten die Roten, deren Sportkleidung heute leider kein Union-Logo überm Herzen zeigte, den Ball in unser Netz. Videobeweis, Tor zählt nicht – mussten sie eben nochmal angreifen. Schon zappeln unsere Tormaschen erneut – untermal von: „Joanna, geboren um Liebe zu geben“ aus den Boxen.

Wenn‘s mal wieder janz dicke kommt …

Als auf dem Display wenig später erneut die „falschen“ Roten jubeln, fühlt sich das verdammt eklig nach ner jaaanz engen Kiste an. Wo war hier Eiserne Aggressivität, wo der Mut, den der Trainer vor diesem Spiel von unserer Mannschaft gefordert hatte? Mut und Tatendrang war auch bei Sporti und mir gerade so gar nicht zu finden. Immerhin durften wir hier in der Sonne sitzen, von unserem Eisernen Freund & Geburtstagskind liebevoll mit Bier versorgt. Außerdem kam jetzt endlich Polti ins Spiel!

Der zeigte sich augenblicklich überaus aggressiv, das Ganze leider völlig übermotiviert und genau diesen berühmten Tick zu spät. … Banges Warten – Gelbe Karte, Glück gehabt! Denkste, Videobeweis! „Leider vertretbar“, kommentiert Sporti des Schiris Entscheidung. Polti geht ohne Diskussion. „Die Hände zum Himmel!“, brüllt DJ Dingsda aus den Boxen, während mir lauter jugendfreie Schimpf-Tiraden über die Lippen quellen. Und das, wo meine Tochter direkt neben mir sitzt!

 

 

… sind Unioner dennoch erstklassig

Wenn ich irgendetwas Politives aus diesem gebrauchten Fußballtag mitnehme, dann zuerst den beherzten Auftritt unserer Auswärtsfahrer. Auch in dieser modernen Promotion-Arena mit Fahnenverbot für Gäste waren hauptsächlich Eiserne Gesänge zu hören, und selbst nach diesem für uns so katastrophalen Spiel klang es von den Rängen: „FC Union, unsere Liebe, unsre Mannschaft unser Stolz, unser Verein, Union Berlin!“ Da waren die Heimfans längst sonstwo, die Stadionränge erst recht in Eiserner Hand.

„Was nützt das?“, lese und höre ich jetzt schon öfters mal – und antworte, völlig ohne Polemik: DAS ist Union! Laut und aufmüpfig in jeder Situation. Siege beklatschen kann jeder, aber unsere Liebe zu diesem unseren Verein auch angesichts einer derart heftigen Klatsche lautstark bekunden, das können offenbar fast nur wir. Und ja verdammt: „Die 1. Bundesliga ist jetzt endlich für uns da“ gilt noch mindestens 29 Spieltage lang!

Was das nützt? Eisern Union!

Positiv für mich auch, dass ich bislang keinerlei Polter-Bashing vernahm. Eher Bestürzung und Trauer, dass dies womöglich sein letzter Auftritt als Unioner in einem Pflichtspiel war. Ich sah Polti am Samstag nicht zum ersten Mal ohne Geheul vom Platz gehen. Bislang kam er jedes Mal wieder zurück, Eisern eben. Klar ist es totaler Mist, zu spät derart in den Mann zu gehen, was sich außerhalb der Kampfzone natürlich leicht sagen lässt. Aber auch jeder Profi ist nun mal ein Mensch.

Zusammen haben wir verloren, zusammen stehen wir wieder auf. Am Freitag besucht uns Am Stadion an der Alten Försterei ein weiterer Gegner, dessen Spieler den unseren haushoch überlegen sind. Dazu eine Fanszene, die nicht nur bei klarer Führung laut ist. „Was nützt das“ also, stecken wir jetzt den Kopf in den Sand? Enge Kisten kennt jeder Unioner – nur werden die Gegner, die uns in eine solche stecken können, immer weniger und immer besser. Kein DJ-Dingsda dieser Welt wird am Freitagabend zu hören sein, wenn Plattenunterhalter Wumme und wir alle den Sound unseres Fußballs herausschreien. Eisern heißt dit!


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