Frank Nussbücker: Sieg in Sinsheim – Union Berlin weiter im Aufwind

Union Berlin ringt TSG Hoffenheim nieder

Bildquelle: Harleypaul on Tour [], (Bild bearbeitet)

Nach dem Besuch der Wolfsburger gings nun nach Sinsheim zu SAP, der nächsten West-BSG. Zusammen mit meinem Zwilling Sam sah ich das Spiel auf Freund Roberts fahrbarer Couch. Robert und Bia hatten den Tisch wie immer weit herrlicher als in jeder handelsüblichen VIP-Loge hergerichtet, liebevoller sowieso. Was würden unsere Fußballgötter heute auf den Rasen, unsere Auswärtsfahrer auf die Ränge zaubern?

Konnte ihr Protest die das Spielfeld befahrenden Spielzeug-Autos der Bremer in Köln toppen? Dass sie auf jeden Fall Tennisbälle an Bord hatten, zeigte so mancher im Netz. Und nein, mir geht das längst nicht so auf die Nerven wie all das, was ich angesichts des Investoren-Einstiegs befürchte. Was nützen mir noch höhere Spielergehälter, wenn diese entscheidende Spiele künftig in der Wüste oder auf dem Mond austragen, die ganze Woche über!?

Zwei Schüsse, ein Verletzter

Das erinnert mich irgendwie an all die schönen Traumhäuser, in denen zu wohnen ich mir nicht leisten kann. „Spieglein, Spieglein an der Wand, zeig uns den deutschen Fußball in Investorenhand!“, brachten es unsere Ultras auf ihre Banner, aber Moment mal, ein Spiel gab es da ja auch noch. Gleich in Minute eins setzte Volland einen knackigen Distanzschuss ganz in die Nähe des gegnerischen Tornetzes.

Zwei Minuten später ließ ein Sinsheimer Nachschuss unseren Pfosten erbeben. Den ersten Schuss hatte Freddy nur nach vorn abwehren können. Weitere zwei Minuten später musste Rani seinen Einsatz verletzungsbedingt beenden. „Fußballgott, lass es so nicht weitergehen!“, schickte ich mein Stoßgebet gen Zimmerdecke. Das Sinsheimer Publikum besang derweil seine BSG, doch wurde es deutlich lauter im Stadion, als nach 12 Minuten der Gästeblock sein dreifach donnerndes „Eisern Union!“ erschallen ließ.

Tennisbälle und böse Blicke

Anschließend verpassten unsere Auswärtsfahrer dem Schalalalalalala-Gesang aus dem Heimpublikum den würdigen Schluss – und aufm Platz ließen nun auch Unsere des Gegners Torpfosten erbeben. Mist, das hätte es doch sein müssen, oder? „Zu früh!“, bemerkte Freund Robert halbernst. Ecke Union – der zweite Ball streicht übers Gehäuse. Ecke Sinsheim – Freddy hat das Ding! Von den Rängen kommt unser Schalgesang, schließlich schießen Unsere sogar ein durchaus ansehnliches Tor. Leider hatten mich meine trüben Augen nicht betrogen, war da tatsächlich eine Abseitsstellung im Spiel.

In Minute 36 kamen schließlich die Tennisbälle zum Einsatz. „Ich habe nur eine halbe Stunde Karenzzeit“, wusste ich von Freund Christoph, „dann geht der letzte für mich mögliche Zug!“ Das Sinsheimer Publikum fühlte sich offenbar auf den Investorenschlips getreten, und auch ihr Club-Mäzen sah nicht grad fröhlich drein. Die anwesenden Unioner erklärten derweil, wer hier die Hauptstadt sei und wer nicht. Auf dem Rasen das mittlerweile übliche Spiel.

Ein überfälliger und ein unsinniger Platzverweis

Als die irgendwann dann doch angehaltene Uhr wieder Bewegung zeigte, vermeldete die hochgehaltene Tafel eine Nachspielzeit von 12 Minuten. „Und wir lieben unsern Club, und wir sind stolz auf ihn – FC Union aus Berlin!“ Kevin Volland und ein Sinsheimer gingen in den Clinch, worauf beide Gelb sahen. Besonders letzterer zeigte noch ordentlich Wut, als der Schiri beide Spieler zu sich rief. Dass er unseren Mann dann auch noch ins Gesicht fasste, war im Grunde längst genug für Gelb-Rot.

 

 

Nein, es bedurfte eines weiteren Fouls an Volland, dass der Streithahn endlich duschen gehen durfte. Warum hatte sein Trainer ihn nicht runtergenommen? Unsere Überzahl, bei der ich furchtsamer Mensch sofort an das Spiel in Braga denken musste, sollte indes nur drei Minuten andauern. Ein halbseiden provoziertes Mini-Foul reichte aus, dass nun auch unsere Mannschaft nur noch 10 Feldspieler zählte.

Union verteidigt mit aller Macht …

Nicht nur wir, auch die Fernsehkommentatoren sprachen von einer klaren Fehlentscheidung. „Richtig, aber es war absehbar, dass bei der nächsten noch so kleinen Möglichkeit Volland Gelb-Rot bekommt“, schreibt ein Kollege von der Mittellinie. Wäre auch hier eine rechtzeitige Auswechslung das Gebot der Sekunde gewesen? Aber vom fahrbaren Sofa aus lässt sich gut neunmalklug daherreden. Fortan jedenfalls standen wir ohne unseren Mittelstürmer da.

Zu Beginn der zweiten Hälfte zeigte der Gästeblock eine Choreo in den Farben unserer Stadt, unseres Vereins, die Spielentscheidung würde also auf dem Rasen fallen. Dort übernahm die heimische BSG mehr und mehr die Ballbesitz-Hoheit, verlegten sich Unsere aufs unerschütterliche Verteidigen. Ein Sinsheimer kam freistehend zum Kopfball, der zum Glück gut neben das Gehäuse geht. Tousart traf aus spitzem Winkel das gegnerische Außennetz, ansonsten ließen sich unsere kaum in des Gegners Hälfte sehen. Griff der Gegner an, traf er auf eine vielbeinige Abwehr und Frederik Riis Rønnow.

… und sticht urplötzlich zu

Mittlerweile hatte unser Trainer zweimal doppelt gewechselt, standen mit Aaronson und Vertessen zwei neue Spieler aufm Platz, mit Roussillon und Juranovic zwei neue Flügelspieler. So kam die 84. Minute heran, die ich, einem dringenden Bedürfnis nachgebend, auf dem stillen Örtchen zubrachte. Die aus dem Wohnzimmer dringenden Schreie erzählten mir, dass ich genau im richtigen Augenblick unsere Runde verlassen hatte.

Vertessen auf Aaronson, wie belebend des richtigen Tornetzes Tanz! Dreckiger Sieg, die nächste! Hier muss ich dann doch eine Lanze für das Sinsheimer Publikum brechen, die ihre Mannschaft auch ob dieser aus ihrer Sicht verdammt unglücklichen Niederlage feierten. Christoph bekam seinen Zug noch, um mir zu vermelden: „Den letzten Auswärtssieg feierten wir als Tabellenführer. Beim Abschied von Urs waren wir Tabellenletzter. Da weiß man die Belanglosigkeit des Tabellenmittelfelds zu schätzen.“ Eisern Union!


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