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Bildquelle: Eiserne-Unioner.de [], (Bild bearbeitet)
Genau 19 Jahre und einen Tag vor unserem Auswärtsspiel in Mainz hatten wir eine Auswärtsfahrt mit S- und U-Bahn. Es ging zum Dominator jener 2. Liga, dem wir Am Stadion An der Alten Försterei nach hartem, zähem Fight ein 1:1 abgetrotzt hatten. Wir steckten im Abstiegskampf – und gerieten früh in Rückstand. Noch vor der Pause erzielte der zuvor auch mal Chancentod geschimpfte John Jairo Mosquera spektakulär den Ausgleich.
Dann unser Gesang ab Spielminute 71. Unsere Nummer 17 tritt mal wieder zum Freistoß an, und wir intonieren: „Torsten Mattuschka, du bist der beste Mann …“ Was dann folgt, hat auch Tusche noch immer genau vor Augen: „Als der Ball – auch durch eure Mithilfe – tatsächlich drinne war, löste das Emotionen aus, die ich A nicht beschreiben kann und B nie vergessen werde!“ Um dem noch eins draufzusetzen, haute er jetzt einen 0-Euro-Schein zum Derbysieg raus, dessen Verkaufserlös u.a. an die Fan-Initiative „Eisern trotz(t) Handicap geht.
Überaus positiv auch meine Erinnerung an unser letztes Spiel gegen Mainz. Daheim AdAF vor immerhin 5.000 Zuschauern, es war das einzige Spiel, bei dem mich das Losglück geradewegs auf meinen Stammplatz über der Mittellinie geleitete. Zusammen mit einigen meiner altbekannten Blocknachbarn er- und besang ich den „erschreckend“ souveränen 4:0-Sieg gegen Rheinländer, die allerdings auch schon vor der Begegnung mächtig durch den Wind waren.
Nun gelten wir tabellarisch als Favorit, doch die Mainzer haben sich gefangen und der Marktwert ihrer Spieler dürfte noch immer weit über dem unserer Fußballgötter liegen. „Damals“ am 2. Oktober 2020 stand es hier laut Unionprogramm 104,95 zu 57,15 Millionen Euro zugunsten der Mainzer. Aber solche Zahlen sind manchmal nix als Schall und Rauch, wie der FSV jüngst gegen die, wie wir wissen, megastarken Redbullianer bewies. Warnt mich hier nur mein Pessimismus vor zu hohen Erwartungen?
Da ich das Spiel bei einem Freund im Süden der Stadt gucke, fühlt es sich tatsächlich ein bisschen wie ein Auswärtsspiel an. Es ist schön, meinen Unioner-Freund endlich mal wiederzusehen. Ihn und die großen Vögel, die oben in einem der Bäume vor seiner ofenbeheizten Laube ihr Nest errichtet haben. Nun tatsächlich das Spiel. Die Mainzer tragen Karnevals-Trikots. Die sind so hässlich, wie die Mainzer bissig sind. Die stehen unseren auf den Schlappen, und sobald Awoniyi sich ihrem Strafraum nähert, sind 3 Mann bei ihm.
Freistoß Union – in die Arme des Keepers. Kurz darauf ein Ball für Andi Luthe. Die Mainzer auch mit dem Mund bissig, wollen gleich mal einen Hand-Elfmeter. Den hätte nicht mal der Rheinland-affine Kommentator gegeben. In der 10. Minute sind wir dann doch mal nahezu gefährlich vorm gegnerischen Tor. Kurz drauf noch einmal – schade, zu weit vorgelegt. Das Spiel tröpfelt dahin, bis der Schiri in den 20. Einen Elfer gegen uns pfeift. Wieder so ein blödes Ding wegen eines Tritts auf den Schuh. Diese Redensart beginne ich langsam zu hassen.
Luthe ahnt de Ecke, kommt aber nicht ran. Der Ball prallt an den Innenpfosten und von dort – leider anders als neulich bei uns – hinter die Torlinie. Mainzer inklusive Kommentator können sich freuen – aber weiter geht’s! Mainz greift an, kommt sehr frei zum Kopfball, aber unser Torwart auf dem Posten. Durch einen Freistoß kommen auch wir mal wieder in Tornähe, Betonung auf Nähe. Die Dinger tritt jetzt Ingvartsen – heißt das, der Käpten hört nach der Saison auf, wie mein Freund mutmaßt?
Kurz darauf ist Mainz durch, zum Glück verspringt der Ball. Die Rand-Frankfurter holzen unsere immer wieder weg, leider bringen uns die Freistöße nichts, auch wenn die nun doch der Käpten tritt. Vor allem aber halten die Rheinländer ihren Strafraum dicht. Ganz elend dicht, dass man es nicht mal gegen sie verwenden kann. So geht’s in die Pause und zurück auf dem Rasen: Riesenchance Mainz, aber Luthe lenkt ihn mit seinen hochschnellenden Armen drüber.
Dann aber Union. Teuchert bringt ihn gefährlich aufs Tor, der Keeper pariert. Kurz drauf brennts gleich zweimal im Mainzer Strafraum. Schade, sie können löschen. Dann das hohe Bein von Schlotterbeck. Die Zeitlupe lässt uns erzittern – und der Schiri zückt die Gelbe. Weil es dank des Schuh-Tritts vor dem blöden Strafstoß die zweite ist, sind wir jetzt nur noch zu zehnt. Prost Mahlzeit.
Doch Union stürmt nach vorn. Schade, die Flanke kommt nicht an. Kurz drauf der Schuss geht neben das Tor. Ein Fehlpass im Mittelfeld bringt Mainz zur fetten Chance – Luthe klärt zur Ecke, die er souverän abfängt. An ihm liegt es heute nicht. Es kommen neue Spieler. Ich spüre nicht, dass wir zu zehnt auf dem Rasen sind. Die Mainzer kamen mir schon zuvor in ihrem Strafraum stets wie mindestens einer mehr vor.
Natürlich ärgern wir uns, dass das auf-den-Schuh-treten eines Mainzers ungeahndet blieb, dass einer im Karnevalshemd ewig ungestraft rummeckern darf, aber wir sind beide lange genug Fußballkieker, dass es uns kein bisschen tröstet, wenn wir das Brotlose dieses Gekickes dem Schiri in die Schuhe tret…, ähm schieben. Urs tauscht den kompletten Sturm, Mainz foult – nix, sagt Herr Schiedsrichter. Prost! Dann brennt es doch nochmal vorm Tor der Mainzer. Jolle vorm Keeper, kommt nicht so richtig ran – Mistschade! Andi Luthe rettet nochmal für uns, und das Spiel ist aus.
Fast möchte ich sagen: Endlich. Ein Gefühl bemächtigt sich meiner, wie ich es von und nach unzähligen Union-Spielen kenne. Spiele, nach denen auch ich schwere Beine hatte und mich drauf freute, in der Kneipe am Bier und in der Gesellschaft der Anderen Trost und Freude zu finden. Nun sitze ich zumindest nicht alleine vorm prasselnden Ofenfeuer. Wir sind Union, genau wie alle anderen, denen es jetzt genauso geht und unserem Busfahrer, der hoffentlich gut durch diese Schneenacht kommt. Das alles ist weit mehr als nichts, Eisern heißt dit.
Wer: Christopher Busse (35)
Wann:16.11.2024