Frank Nussbücker: Hoffen und Siegen – Union Berlin ringt Hoffenheim nieder

Union-Sieg gegen Hoffenheim

Bildquelle: Harleypaul on Tour [], (Bild bearbeitet)

Vorm Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim drehte sich vieles um den Weggang unseres Weltklasse-Verteidigers Marvin Friedrich. 140 Pflichtspiele absolvierte der Abwehr-Turm seit dem 5. Februar 2018 für uns. Erst tragischer, dann strahlender Held unseres Relegations-Hinspiels zur Bundesliga und überhaupt immer wieder vollster Einsatz aufm Platz. Keine seiner 19 gelben und 4 gelbroten-Karten bekam er für schlechte Noten beim Haltungswandern, und seine 9 Tore bilden lediglich die Spitze des Eisbergs in Sachen Offensivqualität.

An uns begeisterte mich die Eiserne Freundlichkeit, mit der ihm viele Unionerinnen und Unioner für das Geleistete dankten und für die Zukunft alles Gute wünschten. Klar gibt es hie und da auch ‘ne Spur Bitterkeit, auch bei mir. „Ein Boxer boxt nicht für sein Land, sondern für seine Börse“, stellte der leider 2019 verstorbenen Boxsport-Kommentators Werner Kastor ohne Vorwurf in der Stimme klar. Fußball ist eine Mannschaftssportart, aber auch hier bleibt den Aktiven nur ein relativ kurzes Zeitfenster, um mit ihrem Beruf ihre Brötchen zu verdienen.

Schenke uns einen guten Tag!

Längst nicht jeder kann anschließend im Herzensverein die Jugend auf Trab halten, die Leitung der Kantine übernehmen oder einen hochdotierten Schampusliga-Club trainieren. Da verstehe ich sehr wohl, wenn ein Spieler innerhalb seiner Karriere möglichst viele der vielzitierten Schritte nach oben gehen will. Ob dem bei Marvin so ist, werden wir sehen – hoffentlich nicht schon beim nächsten Auswärtsspiel unserer Fußballgötter.

Aber Moment mal! Erst mussten wir ja gegen diese stinkreiche West-BSG aus Baden-Württemberg ran. Zu allem Übel verfügen die über eine seit 7 Spielen ungeschlagene Mannschaft, die sehr gerne über die Außen kommt und dabei so manch Tornetz wiederholt zappeln lässt. Aber auch gegen die wollen wir gewinnen, bekräftigte Fußball-Philosoph U. Fischer, wobei er auf Bunkis Nachfrage klarstellte: „Union braucht während der ganzen Saison (immer wieder) einen guten Tag, um Punkte mitzunehmen!

Wir sind stark, nicht einer allein

Fundamental Urs‘ Bemerkung: Es stehen da einige „Mannschaften hinter uns, die hinter uns nichts zu suchen haben.“ Dass dem so ist, macht unsere Mannschaft in so manchem Spiel glatt vergessen, um so schöner! Restlos beeindruckte mich des Trainers simple Antwort, wie es denn bisher gelungen sei, Fehlen und Weggang wichtiger Spieler zu kompensieren: „Mit der Solidarität fangen wir das auf!“ Ganz klar, ohne sie auf Rasen und Rängen sind wir 1. nicht Union und hätten wir 2. tatsächlich nichts in dieser 1. Bundesliga zu bestellen.

„Wir sind so stark, nicht ich!“, diktierte er den Journalisten, mir, ja uns allen am Ende der Pressekonferenz vorm Spiel in den Block. Auch das ist Union: Wir siegen und verlieren zusammen – und nun raus aufs Feld! Das sehe ich heute von der Haupttribüne aus, und höre sofort die Gegengerade anstimmen: „Wir sind Unioner, wir sind die Kranken!“ Ja es ist gut, dass zumindest ein paar von uns heute hier sein dürfen, unter ihnen Allesfahrer Harley-Paul, der heute meine mit Losglück behaftete Dauerkarte am Mann hat.

Da ist es passiert …

Hoffenheim greift an, „Eisern Union!“, quittiert die Gegengerade den Erfolg unserer Defensive. Und schon wieder kommen die Blauen, nach Fehlpass in unserer Hälfte – Luthe! „Und wir lieben unsern Club, und wir sind Stolz auf ihn!“, singen jetzt auch wir mit. Fast ein Konter von Union, aber die lassen unsere nicht wirklich durch. 11. Minute, schon wieder ist der Gegner vor unserem Gehäuse. Sie holen eine Ecke, den zweiten Ball hat unser Keeper. „Oh Köpenick, du bist wunderschön!“, schallt es zu uns rüber, auch hier singen einige mit.

Aufm Platz bleibts dabei, die SAP-BSG drückt, lässt uns kaum in ihre Hälfte – und 5 Minuten später zappelt unser Tornetz. Wieder eine Flanke vors Tor, die einer der unseren unglücklich abfälscht. So ein Mist auch, der Gegner führt – und Union? Antwortet postwendend mit einem gefährlichen Angriff, der leider nicht im Netz landet. Nun geht es hin und her, beide Teams im Angriff. Was, das soll Abseits gewesen sein? Unsere Mannschaft kämpft, wir singen „He FC Union stürme hinaus …“

 

 

Union schlägt zurück

Und wieder greifen unsere an. Max Kruse auf Oczipka – und Voglsammer kämpft das Ding rein! Was für ein Jubel, ja verdammt, Union ist zurück, „Und wir lieben unsern Club, und wir sind stolz auf ihn!“ Ecke Hoffenheim, heilloses Gewusel in unserem Strafraum – endlich ist der blöde Ball aus der Gefahrenzone. Zweiter Ball, auch der landet schließlich in unseren Reihen – Angriff Union, schade … In Minute 34 kriegt der Gegner einen Freistoß „für nichts!“, worauf der Schiri mit einem eigens ihm gewidmeten Sprechchor bedacht wird. Der Freistoß verpufft zum Glück.

Die Halbzeit endet mit „1. FC Union Berlin – und alle!“, gefolgt von unserem Mantra, bei dem ich wie jedes Mal eine Gänsehaut bekomme. Das 1:1 ist längst verdient, was bringt uns wohl die 2. Hälfte? Nach einigen ruhigen Minuten Gesänge und angreifende Hoffenheimer. Dann auch wieder Union, und ja, unsere wirken jetzt gefährlicher als die Gäste. „Wir lieben Union, jawoll!“ Kurz drauf wieder „Luthe, Luthe!“, als unser Schlussmann einen Angriff vereitelt.

Immer diese Ewigkeiten

Wow, in der 68. kriegen auch wir mal nen Freistoß! Schade, aber schon wieder unsere im Vorwärtsgang, als Sheraldo Becker den Ball in der gegnerischen Hälfte erkämpft. Pass zu Max Kruse, der die Querlatte erzittern lässt. Grischa Prömel ist zur Stelle und köpft das Ding in die Maschen und uns zur Ekstase! Ja und ganz in echt – wir führen! Und haben noch 17 plus x Minuten vor uns. Hoffenheim greift an, Luthe hält. Es werden verdammt bange wie endlose Minuten für mich.

Was für eine wunderbare Ablenkung, als jetzt auch mal Sektor 1 das „Eisern!“ „Union!“ anstimmt. Mit Gebrüll und Gesang am liebsten den Ball aufhalten oder ihm die gewünschte Richtung verleihen – und wenn das zigfach unmöglich ist, das ist für mich Fußball. 80. Minute, Freistoß Hoffenheim, und bald auch schon wieder eine Ecke. Hatten wir bislang eine einzige? Egal, weiter geht’s, den Gegner abwehren, sonst nüscht! Mist, gleich noch ein Eckstoß auf unser Tor – aber nicht in selbiges hinein.

Da warens nur noch 9

Unser Kasten scheint vernagelt, Gegenangriff Union – schade, das wäre es doch gewesen, selbst für mich furchtsamen Pessimisten. Und woher verdammich nimmt der Schiri satte 4 Minuten Nachspielzeit? Die ziehen sich selbstverständlich ebenfalls endlos und sind gespickt vom alten Spiel: Freistoß Hoffenheim, Eckball Hoffenheim … Aber nichts da! Union bleibt standhaft, Union bleibt laut – und endlich springen wir auf wie nach einem Tor, als der Schiri den dreifachen Pfiff erklingen lässt.

Abklatschen, jubeln, feiern, was für ein Sieg gegen eines der derzeit erfolgreichsten Teams der Liga, auch wenn heute 19.000 Feiernde fehlten. Was für eine Abwehr, bedingungslose Kämpfe im Mittelfeld und vorne ein Tor mehr als der Gegner! Ich freue mich vor allem über die nunmehr erkämpften 31 Zähler, noch 9 bis Waterloo. Nenne mich ewig-gestrig, aber ich bleibe dabei – und freue mich wie Bolle aufm Milchwagen über alles, was dazukommt. Heute auf jeden Fall ein wunderbarer Tag mit eisernem Ergebnis!


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