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Bildquelle: Harleypaul on Tour [], (Bild bearbeitet)
Nun also begab sich der Tabellenführer einer der hochdotiertesten europäischen Fußball-Ligen auf die Reise nach Portugal. Im dank des „Felsmassiv-Einbaus“ optisch einzigartigen Estádio Municipal de Braga ging es gegen den Zweitplatzierten der Liga Portugal Bwin. Sporting Braga ist seit vielen Jahren in der Europa League zuhause! Allein dafür waren die für mich von Beginn an der Gruppenfavorit, gerade gegen einen Europapokal-Fast-Neuling wie unseren geliebten Verein. Nun aber war es so weit: Unsere Mannschaft durfte sich am Monte Castro diesem Härtetest stellen.
Dass sie dabei nicht allein sein würde, dafür sorgte nicht zuletzt unser Verein. Der orderte insgesamt 5 Flieger und ermöglichte 1.500 Eisernen eine finanziell enorm gedeckelte Auswärtsfahrt. Dafür an dieser Stelle ein Eisernes Dankeschön an den 1. FC Union Berlin! Weitere 1.100 Eiserne organisierten sich wie Vater, Sohn & Enkel Schnuppe diese Europapo-Tour auf eigene Faust. Bereits Tage zuvor reisten die ersten an und ließen uns Daheimgebliebene dank zahlreich geposteter Fotos und Kommentare an diesem Trip teilhaben.
Ich freute mich mächtig auf die in Braga zu erwartende Kulisse mit 2.600 Eisernen im weißen Reisekader-Shirt, auch dafür mein Dank an jene, die das rockten! Vor allem wünschte ich mir, dass es bei uns anders lief als bei dem einen oder anderen deutschen Anhang, wo Gewalttäter verschiedenster internationaler Gruppierungen unseren Sport zur Bühne ihrer hirnlosen Schauspiele machten. Auf dem Rasen am Massiv des Monte Castro würde es schwer genug werden.
„Wir wollen unser Gesicht auf den Platz bringen!“, stellte Urs Fischer vorab klar. Kompakt, schnell und kämpferisch – eben „eklik“ sein, wie der Schweizer Fußballehrer das so treffend verdichtet. Das sagt sich leicht und klar, aber wie würde es Mannschaft und Staff gelingen, eben das umzusetzen? Bei alledem freut es mich noch immer ungemein, dass wir derzeit solcherart Kämpfe auszufechten haben. Bangen um den Klassenerhalt eine Liga tiefer, Europapokal als wahnwitziger Traum – so lange ist das nicht her! Also los, Unioner – Urs voran in den Kampf!
Kaum 15 Sekunden waren von der Uhr, da versuchten Unsere den ersten Abschluss. Union weiter am Spielgerät: Kopfball-Stafette, dann leider Abseits. Braga kommt über rechts, läuft sich fest. Beide Teams stören einander im Mittelfeld, dann ein Fehlpass der Portugiesen: Attacke Becker, Abschluss – schade! Aber warum hört man keine Eisernen Gesänge? Der Kommentator nennt Probleme beim Einlass als Grund. „300 Unioner sind noch draußen“, bestätigt mir eine Auswärtsfahrerin, „solange ist Ruhe.“
Wir bekommen einen Freistoß, die Aktion endet erneut im Abseits. Unseren nächsten Angriff wehren sie ab, na und? Schon haben unsere wieder den Ball, Becker bedient Sturmpartner Jordy. Der zieht ab – sein Schuss knallt an den Pfosten! Wäre ohnehin Abseits gewesen, befindet das Schiri-Gespann. Weiter geht’s: Von rechts kommt der Ball in die Mitte zu Jordy – „Eisern Union!“ erwacht das Stadion zum Leben. „Jetzt sind sie da!“, begeistert sich auch der Kommentator, und ich erst! „1. FC Union Berlin – und alle!“
Ein Kopfball vors gegnerische Tor – harmlos, aber immerhin. Jetzt wird auch das Braga-Publikum kurz mal laut. Etwas später erkenne ich Klatschpappen in den Händen etlicher Heim-Zuschauer. Braga kommt über rechts – zu lang, der Ball landet fernab des Tors im Aus. Wieder unser Sturm-Duo: Jordy auf Becker, der aus spitzem Winkel abzieht – Ecke für Union, die erste des Spiels in dieser 13. Minute. Pfiffe aus dem Heimpublikum, unsere zelebrieren den Standard, wie sich das gehört.
Der Ball kommt ins Zentrum, Leite haut ihn an den Pfosten, von wo aus er leider ins Aus geht – Riesenchance für Union! Kurz drauf verlieren Unsere den Ball im Mittelfeld, Knoche wirft sich dazwischen, von den Rängen erschallt unser Bundesliga-Lied. Braga baut behäbig auf, bis der Ball ins Aus geht. Erneuter Angriff, doch Rønnow pflückt die Kugel aus der Luft. Unioner singen, ein Braga-Spieler bleibt nach einem Zweikampf liegen. Die Heimmannschaft ist nun viel am Ball. Das Spiel lebt für mich durch den Umstand, dass da unsere Mannschaft und unsere Auswärtsfahrer am Werke sind.
Der Gegner kommt kaum vor unser Tor, wir nicht mehr wirklich gefährlich vor das gegnerische. Fehlpässe und Abstimmungsschwierigkeiten auf beiden Seiten, haben wir zu viel Respekt? In der 26. Minute Gelb für den wackeren Schäfer. Offene Sohle, unglücklich rein, ganz sicher ohne Absicht. Jordy über halbrechts, wird gefoult, Freistoß. Über Becker gelangt der Ball zu Schäfer. Der zieht ab, der Keeper hat ihn. „Wir sind die Kranken“, unsere rocken die Ränge. Jetzt aber, unsere drängen robust nach vorn, Becker wird von einem Gegenspieler weggebolzt. Pfiffe der Unseren, als der Schiri da kein Foul sehen will.
Irgendwann auch mal wieder der Gegner vor unserem Tor, sie bekommen einen Freistoß auf der linken Seite. Rønnow stellt eine Zwei-Mann-Mauer, ist bereit. Wir wehren ab, der zweite Ball geht weit daneben, der Fernseh-Kommentator zitiert aus unserer Hymne – und ist verdammt textsicher! In der 40. die erste Ecke für Braga. Die nächste folgt sogleich, sie verendet in den Armen unseres Tormanns. Unsere greifen an, links rüber auf Puchacz, der offensiv leider nicht seinen besten Tag hat.
Abschluss durch Ryerson, der überall wirbelt und mir sehr gut gefällt. Überhaupt will ich mich gerade ganz gefällig der nahenden Pause hingeben, da greift Braga plötzlich saugefährlich unser Tor an. Einer von denen nahezu frei vor unserem Kasten, zieht ab – doch Rønnow macht sich groß, kratzt den Ball in allerletzter Sekunde aus der Gefahrenzone! Durchatmen, so etwas dürfte heute nicht nochmal passieren. Union bestimmte weitgehend das Geschehen – und dann dieser fast tödliche Punch! Nun aber wirklich Halbzeit.
As der Ball wieder rollt, höre ich die Heimfans ein Lied singen. Auf dem Rasen haben unsere wieder den Vorwärtsgang eingelegt, und der Gästeblock brennt lichterloh. Jordy tankt sich vors Tor, bekommt den Ball, kann ihn nicht verwerten. Union macht weiter Druck, Ryerson schießt verdammt knapp am langen Eck vorbei. Eine super rausgespielte Chance, das wäre es doch gewesen! Dann aber übernimmt das Heimteam mehr und mehr den Ball. Nicht unbedingt gefährlich, aber doch, irgendwie, naja … Waaaas? Penalty-Check vor unserem Tor?
Das Ganze verläuft zum Glück im Sande, aber was sollte das überhaupt? Ryerson köpft von links aufs Tor, leider zu ungenau. Bragas Gefährlichster am Boden nach einem Zweikampf mit Diogo Leite. Sie tauchen jetzt immer öfter in unserer Hälfte auf, suchen die entscheidende Lücke, bislang vergeblich. Urs bringt den Käpten für Puchacz, bald drauf Genki für den verwarnten Schäfer. Unsere Auswärtsfahrer rocken weiter die Ränge, während mich das Spiel von Braga langsam aber sicher müde und ein wenig schläfrig macht. Der Schiri sorgt für etwas Aufregung, als er dem Heimteam aus dem Nichts eine Ecke zusprechen will.
Oh, hat er sich doch noch überzeugen lassen … Braga murmelt sich weiter in Richtung unseres Strafraums, der nächste Union-Angriff wird abgepfiffen. Genki hatte da wohl ein wenig Hand am Spielgerät. Mitten in meiner Schläfrigkeit macht Braga plötzlich Ernst. Distanzschuss auf unser Gehäuse, den Rønnow noch zur Seite abwehren kann. Dort aber lauert ein Gegner und drischt die Kugel aus spitzem Winkel und knapp vor einem Unioner in die Maschen. Braga führt, aus dem Nichts und doch lange, lange vorbereitet?
Was half alles lamentieren in dieser 77. Minute? „Union, Union!“, skandieren die Ränge, und auch das Klatschpappen-Publikum wird jetzt laut, da ihre Mannschaft führt. Unsere greifen an, werden abgefangen, dasselbe gleich nochmal. Braga hat jetzt natürlich viel Zeit. Dann sind sie wieder vor unserem Tor, Schuss von links, Rønnow klärt zur Ecke. Deren Abschluss geht ins Leere, nun aber! Urs wirft Skarke, Leweling und Behrens auf den Platz. „Wo du auch spielst, ja wir folgen dir…!“, kommt es punktgenau von den Rängen.
Khedira leitet den nächsten Angriff ein, Leweling kommt leider nicht zum Abschluss. Jetzt sind wir fast durch, aber mal wieder abgepfiffen. Abseits, Stürmerfoul, was auch immer! Von den Rängen unser Mantra, ein Unioner sieht Gelb – für was denn nun schon wieder? 3 Minuten Nachspielzeit, Ecke für uns. „Auf geht’s, Unioner schießt ein Tor!“ Es klappt nicht, aber der Ball ist noch heiß, nächste Ecke! Trimmi bringt sie rein, sie köpfen die Pille raus. Der Käpten nochmal, doch seine Flanke ist einen Tick zu lang. Weiter Attacke, Gelb für Ryerson, das Spiel ist aus …
Ich fühlte mich, als wären mir der linke Fuß und der rechte Arm eingeschlafen. Hatte Braga unsere Mannschaft womöglich ähnlich eingelullt wie mich? Und dann dieser elendige Lucky Punch, zu zahlendes Lehrgeld auf europäischer Bühne. Das war ein K…spiel, und die zweite Hälfte von uns ganz sicher zu dünn, aber diese Niederlage sehe ich als verdammt fieses Ding von olle Fußballgott. Klar, ein Tor musste schon schießen, um den Punkt oder mehr zu holen. Unsere Auswärtsfahrer rockten weiter, und im Netzt ließen die ersten „Das war gar nichts!“-Meckerer ihre Finger dribbeln.
„In der Bundesliga die Hütte gerade abreißen und International geht null, das ist einfach schlecht“, las ich da. Dazu Sätze, die mich vermuten ließen, dass ihr Verfasser nicht nur einen anderen Verein, sondern wohl gar einen anderen Sport als jenen meint, den wir lieben. Klar muss diese bitte Pille ausgewertet werden, aber doch so, dass dabei was rauskommt, gemachte Fehler zukünftig vermieden werden! Hier vertraue ich Urs & Kollegen. Ich sah unsere Mannschaft über weite Strecken bei allen Präzisionsschwächen wach und kämpferisch, bevor sie – vielleicht – denselben Fehler machten wie ich. Mund abputzen und Attacke! Kommt gut heim, liebe Eiserne auf Platz und Rängen, Eisern Union!
Wer: Christopher Busse (35)
Wann:16.11.2024