Frank Nussbücker: Ohne Nervenkitzel geht’s eben nicht, Union schlägt Hoffenheim

4. Spieltag Union Berlin gewinnt gegen TSG Hoffenheim

Bildquelle: Harleypaul on Tour [], (Bild bearbeitet)

Hurra, endlich wieder im Stadion! Bei uns an der Mittellinie ist es voll wie immer, aber der Zweitmarkt voller Angebote. Ich gucke mich um – viele mir unbekannte Gesichter. Zum Glück hab ich wie immer Bekannte um mich herum, und ich stehe heute seit langem mal wieder neben Jürgen dem Nordlicht. Frederik Rønnow ehren wir auch hier nochmal als den von uns Fans als Unioner des Jahres Gekürten. Wer, wenn nicht er rettete uns so oft in der vermaledeiten letzten Saison!

Der Gästeblock ist spärlich gefüllt, wie immer, wenn die Sinsheimer SAPinesen sich die Ehre geben. Mit Marius Bülter ehren wir einen Anwesenden, mit Grischa Prömel einen verletzten Fußballgott inmitten all ihrer Na-Unds. Franky Schöbel, Sporti – und dann kommts: Vom Rasen aus ruft uns Stadionsprecher Christian zu Spenden für unseren Nachwuchs-Keeper Berkin Arsanogullari auf, der gerade den härtesten Kampf seines Lebens gegen diesen übermächtigen Gegner namens Krebs fightet. Eisern Union!

Doppelter Bierduschen-Pogo

Nach der Hymne rollt der Ball. Die Sonne brennt vom Himmel, der Lange reicht mir immer wieder seinen Becher, dass ich trinke, danke, Eiserner! Hoffenheim am Ball, aber „Schala-lalalalala – Eisern Union!“, und schon haben wir die Pille. Eckball Union, ein Hoffenheimer liegt aufm Rasen. Als nächstes gibt’ ein sattes Strafraum-Geflipper, welches Tom Rothe mit dem Tanzen der Tormaschen krönt. Jubelnd reißen wir die Arme hoch, fliegen die Biere. „Zu früh!“, mahnt Jürgen.

„Man hat mir gesagt, es gibt noch mehr als Union“ erklingt, nicht unbedingt des Nordlichts Lieblingsgesang – und wieder greifen Unsere an. Hollerbach über links, der Keeper kann gerade noch abwehren. Doch da ist Jeong Woo-jeong zur Stelle, und erneut schlägts beim Gegner ein! Nun fliegt sämtliches Nass, welches sich eben noch in Bechern befand, hoch in die Luft. Ich schaffe es gerade eben noch, dem fettesten Schwall auszuweichen, alle sind überglücklich, doch Jürgen mahnt: „2 zu 0 ist das beschissenste Ergebnis, dass du haben kannst!“

„Union!“ „Union!“

Ich mag jetzt nicht an Schalke denken, erst recht nicht an unser Auswärts-Heimspiel gegen Braga, bei dem ich letztes Jahr fast eine Halbzeit lang dachte, der Knoten wäre jetzt endlich geplatzt. Und Unsere greifen ja weiter an, Hollerbach allein, warum spielt er nicht nach rechts? Dann tut er‘s doch, doch Rothe kann den Ball nur noch zum Tormann schicken. „Das beste, was er jetzt noch machen konnte!“, lobt Jürgen. Jetzt noch eins nachlegen, denke jetzt wohl nicht nur ich bei mir.

Mal kurz die Sinsheimer, dann wieder wir. „Warum spielt der eene Hollerbach nich zu dem anderen Hollerbach?“, fragt Feuerwehrmann Jo. Offenbar bin ich nicht der Einzige, dessen alterstrübe Augen Schwierigkeiten haben, all unsere blonden Lockenschöpfe voneinander zu unterscheiden. Wobei, im Moment sind ja nur zwei. Der Gegner spielt den Ball erstmalig in unser Toraus. „Union!“ „Union!“ als druckvoller Wechselgesang zwischen Waldseite und Gegengerade kommt wirklich gut!

 

 

Der Gegner erwacht

„Wenn wir das Tempo anziehen, fängt Hoffenheim an zu wackeln!“, lautet des Nordlichts Sicht auf das Rasengeschehen. Ecke Union, „hinein, hinein!“ Dann liegt der gegnerische Torwart, Jordan sieht Gelb, Mistverdammter! Hollerbach halblinks, spielt in die Mitte – knapp drüber, Eisern Union! Freistoß Rothe, „direkt wäre ne Idee!“, souffliert mir Jürgen. Leider wird nichts draus, „1. FC Union Berlin – und alle!“ Gesang folgt auf Gesang, während unsere Mannschaft aufm Rasen jetzt deutlich gemächlicher agiert.

Mitten im „Wir sind Unioner, wir sind die Kranken“ ein Ballverlust, Hoffenheim kommt, Freddy muss zur Ecke klären. In Minute 44 ein Freistoß aus bester Position gegen uns. „Den hätter auch für uns pfeifen können!“, kommts neben mir aus dem Block. Fußballgott hat ein Einsehen, schickt den Ball in den 4. Stock, „Hier regiert der FCU!“ Angriff Union, aber ein Sinsheimer liegt am Boden, „… Union war besser!

„Und niemals vergessen, es ist auch Deine Entscheidung“

Rechts vor mir geht jemand zu Boden – der Lange! Zwei Mann bei ihm, sie drehen sich nach unten, wir alle schreien und winken nach dem Sani! Der Gegner greift an, doch wir haben jetzt andere Sorgen. Es dauert gefühlt sehr lange, dann sind die Sanis da. Vier Mann beschirmen ihre Arbeit mit dem ausgebreiteten Doppelhalter der Kohorte Mittellinie – jut jemacht! Die Sonne haute unseren Riesen um, Präsi Alfons begleitet seinen Fanclub-Kameraden und die medizinische Abteilung, dann endlich der Halbzeitpfiff.

Wieder gibt es zahlreiche Verabschiedungen, und auch die von uns zu ehrenden Unionliga-Kicker trauern um einen der ihren. „Und niemals vergessen, auch Deine Entscheidung zählt“, erinnere ich mich an das Zaunbanner vorm Eingang. Und richtig, jemand reichte mir beim Betreten des Stadions einen Organspende-Ausweis. Auch der beim Spiel verstorbene Eiserne Fan-Fußballer, dessen Konterfei unten aufm Rasen ein Banner ziert, muss einen solchen gehabt haben und rettete damit womöglich mehrere Leben. Es ist meine Entscheidung, und ich bin dabei!

 

Bülti erwischt uns kalt

Der Planet drückt noch immer, unsere Spieler kommen zurück, „und wir lieben unsern Club, und wir sind stolz auf ihn!“ Das bin ich gerade längst nicht nur aufgrund der ersten 6 Spielminuten. Freistoß Hoffenheim nach Hinfall, oh, die bekommen dann auch mal Gelb nach einem Foul! Union über rechts, aber immer ist ein Hoffenheimer Bein dazwischen. „Warum kommen wir nicht mehr über außen!“ Dann greift der Gegner an, Freddy muss ins Seitenaus klären. Schon wieder die, Bülti schickt eine Flanke in den Sechzehner, Freddy hat ihn sicher!

Erneut der „Union!“ „Union!“ Wechselgesang, aber mich beschleicht das Gefühl, die Blauen da unten lullen uns ein. Sie gewinnen jetzt auffällig viele Zweikämpfe im Mittelfeld. Ein Ballverlust bringt uns in Not, doch fürs erste gelingt die Rettung. „Wir betteln um das Gegentor!“, brüllt Jürgen, da ist es passiert. Plötzlich höre ich von links zartes Jubeln – ach richtig, im Gästeblock ist ja auch noch jemand! „Waren das alles Papp-Aufsteller?“, fragte mich hinterher die Tochter eines Freundes im Deftig. Bislang hatte ich in der Tat so gar nichts von denen vernommen.

Danke, Langer!

Blöd finde ich deren Anschlusstreffer trotzdem, und Torschütze Bülti ist auf keinen Fall von Pappe! Wir haben erst Spielminute 67! „Ein 2:0 verwalten, das können wir noch nicht“, klingt Jürgen jetzt ungewohnt nachsichtig. „Auf geht’s Union, Kämpfen und Siegen!“, mahnen wir von den Rängen. Tom Rothe kassiert die Gelbe, Freistoß Hoffenheim auf rechts, gefolgt von Ecke links – noch steht unsere Abwehr! Aber die wollen den Ball mehr als wir – Kunststück, die müssen ja auch. Schon wieder streicht das Spielgerät knapp an Freddys Gehäuse vorbei. „Kämpfe, Union kämpfe!“

Hoffenheim verlegt sich mehr und mehr aufs muntere Foulspiel, nahezu völlig ungehindert vom Schiri. Haben die den zur Pause ausgewechselt? Ich denke an den Langen und will auch deshalb nur noch, dass Schluss ist. Es dauert ewig, bis wir unser Mantra anstimmen können. Am Ende muss ich einsehen, dass auch die Mannschaft der Sinsheimer Profis sind und Unsere bis auf einen harschen Fehler das Ganze recht gut im Griff hatte. Das Wichtigste: Der Lange ist wieder an Deck, danke für Deine Trunk-Gaben! Und ich muss noch den beim Betreten des Stadions erhaltenen Ausweis ausfüllen. Wir haben gewonnen, acht Punkte, Eisern heißt dit!


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