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Bildquelle: Harleypaul on Tour [], (Bild bearbeitet)
Mecklenburg. Ich befand mich in anderen Umständen, von vielen Urlaub genannt. All die Nachrichten um die Arbeit unseres sportlichen Dreamteams um Oliver Ruhnert und Micha Parensen nahm ich aus für mich beruhigender Ferne wahr, erstmalig nervenaufreibend wurde es für mich und einige Zehntausend andere bei den Buchungsversuchen der Schampusliga Dreierkarte. Landet sie ín meinem Briefkasten, ist diese Hürde genommen.
Eine aus meiner Sicht weit größere Hürde erwartete unsere Mannschaft an diesem Samstag, 26. August 2023 im Stadion am Böllenfalltor zu Darmstadt. Den großartigen Heimsieg gegen die Mainzer im Rücken, musste unsere Mannschaft nun gegen einen Gegner ran, den sie in 6 Spielen erst einmal geschlagen und in dessen Heimspielstätte sie noch niemals auch nur einen Punkt geholt hatte. Ich erinnere mich noch gut an jene eiskalte 5-Tore-Dusche vom Freitag, dem 13. März 2015 …
… an dem zu allem Übel auch noch unser Keeper Mo Amsif kurz vor der Pause den Roten Karton sah. Zu elft war es schon schwer, von nun an zu zehnt und durch den verwandelten Foulstrafstoß mit zwei Toren hinten ging an jenem unseligen Spieltag gar nichts mehr. Immerhin, unsere Niederlagen bei den unbequemen Lilien wurden immer knapper. Dem aus unserer Sicht 1:3 aus der Spielzeit 2017/18 folgte ein Jahr drauf in unserer Aufstiegs-Saison ein 1:2.
All diese Spiele fanden in der 2. Bundesliga statt, welche die Lilien zwischenzeitlich und nicht zum ersten Mal in Richtung Oberhaus verlassen hatten. Nun spielen wir erstmals beide janz oben – hieß das etwa, angelehnt an ein altes Sprichwort, wir hätten nun erstmals hier das nötige Wettkampfglück auf unserer Seite? So toll unser Start in unsere fünfte Bundesliga-Spielzeit auch daherkam, ich erwartete einen verdammt ekligen Gegner.
Endlich geht’s los, unter den 17.000 im Stadion befinden sich um die 1.700 Eiserne. Aufm Platz Union ganz in Rot, verrät mir der Radiokommentator, auf den Rängen dominieren zunächst die Lilien. Der entspannte Radio-Mann nennt fast nur die Namen von Darmstadt-Spielern, offensichtlich halten die Unseren noch zurück – doch schon kommt es anders, und Robin Gosens setzt sich durch, zieht ab und befördert das Spielgerät an Gegenspieler und Keeper vorbei in die Maschen! Blitzstart Union, die Lilien-Fans singen weiter!
Die Führung diesmal „erst“ nach 3 Minuten und Sekunden – und was kommt jetzt? Gelb für Aaronson – Mist verdammter, der Mann spielt für uns! Darmstadt greift an, Gosens klärt, der zweite Ball bedeutet den ersten Abschluss für die Lilien, zum Glück stabil daneben. Wir verlieren den Ball, schon wieder kommen sie, von den Rängen durch Wechselgesang nach vorn getrieben! Bald drauf höre ich etwas, das klingt wie unser Westernsong, aber nicht mit unserem Text, oder?
Dann wird’s statisch, beide Teams nehmen einander immer wieder den Ball weg – doch Behre lässt sich vorn energisch blicken – schade, nur fast das 2:0, aber Union bleibt dran! Wieder Behrens, mit seinem Hammerschädel, leider drüber! Zwanzig Minuten sind von der Uhr – da ists auch schon passiert: Aaronson mit offener Sohle gen Gegenspieler, Gelb-Rot, wir in Unterzahl, für elendig lange 70 Minuten, mindestens!
Die Lilien wittern ihre Chance, stoßen nach vorn, Abstoß! Kurz drauf fordern sie eine weitere Gelbe für uns, Handspiel Kral, der „Sohn“ von Michael Kölmel, diese Locken-Ähnlichkeit! Der Schiri spielt jedoch nicht mit, kurz drauf kann Gosens klären, doch die Lilien lassen nicht locker. Sie lassen den Ball kreisen, um ihn plötzlich zwischen Knoche und Leite hindurch vors Tor zu spielen, wo ein Mitspieler wartet und ihn an Freddy vorbei in unser Tor befördert, was für ein Sch…!
Nun dominieren die Hausherren ein Spiel, in dem sie zunächst keine Sonne sahen. Unterzahl, Gegentreffer, wie oft brachen wir in ähnlicher Situation schon auseinander? Zumindest einmal ganz brachial, in genau diesem Stadion! Urs bringt Becker für Fofana, Eisern Union! „Steht auf, wenn ihr…“-Gesänge der Heimfans, und ihr Team behauptet den Ball, verlagert das Geschehen mehr und mehr in unsere Hälfte. Endlich mal Ecke für uns, durchschnaufen und attackieren!
Jura tritt, Behre lauert an der 16er-Kante, Knoche-Becker, drüber! Schneller Abstoß, doch sie schaffen es nicht, Unsere zu überraschen. Der nächste Akzent dann schon wieder in unserer Hälfte: Frederik befindet sich außerhalb des Sechzehners, langt mit langen Armen in selbigen hinein, hält den Ball in seinen Händen – aufn Punkt Regel-konform, allerdings gefährlich für mein Herz. „F-C-U-Fußballclub Union Berlin-F…!“, vermelden lautstark wie taktsicher unsere Auswärtsfahrer.
Freistoß Union, kurz darauf ein Einwurf, es geht Richtung gegnerisches Gehäuse. Becker gegen drei, erneut Freistoß für uns, dazu Gelb für die Hessen. Jura legt sich den Ball zurecht, schießt. Einige Eiserne laufen ein, der Ball findet Gosens, der ihn aus der Kante des Fünfers per Kopf links unten ins Netz befördert – wir führen erneut! Was für ein irres Team, aber müssen sie es verdammt nochmal derart nervenaufreibend machen?!
„Damals mit Damir Kreilach noch 2. Liga…“, klingt es beschwörerisch von den Rängen, während Darmstadt angreift, neu aufbaut, eine Ecke holt. Die spielen sie kurz, dann Flanke ins Zentrum – Rønnow! Attacke, Becker über links, Gosens holt eine Ecke raus. Ein Fall für Josip! Gosens tanzt im Fünfer, Behrens lauert an der 16er-Kante, stürmt los, bekommt den schlecht verteidigten Ball an den Kopf – 3:1 für den 1.FC Union Berlin! Sind die jetzt völlig am Überschnappen?
In jedem Fall drehten sie dieses zwischenzeitlich verkorkste Spiel, oder war die Gelb-Rote eine geniale Finte des Trainerteams, eine irre Idee unseres Busfahrers? Darmstadt ackert weiter, doch immer wieder müssen sie hintenrum spielen. In der 42. Minute ziehen sie, kurz mal völlig frei, aus 16 Metern ab – Außenpfosten! Sie attackieren weiter, von den Rängen nach vorn getrieben, doch unsere stellen die Räume gut zu, lassen vorerst nichts anbrennen.
Elendig langsam verstreichen die Spielminuten, 4 gibt’s obendrauf. Darmstadt drückt, aber zu unpräzise, zwischendrin behaupten sich Becker und Behre gegen 5 Hessen, leider wird nichts draus – aber da kommt der vorerst erlösende Pfiff! Mit 2 Toren Vorsprung und einem Mann weniger aufm Rasen geht’s in die Pause. Mir steht der Mund offen, was für eine Mentalität, was für Eiserne Fußball-Monster! … Schon wird Hälfte 2 eingejinglet, die wir ohne personelle Veränderung beginnen.
Wie heißt die beste Verteidigung? Angriff! Becker stürmt vor, Ecke! Sie werden jetzt doch wohl nicht … Jura bringt den Ball rein, Kopfball, Pfosten! Konter Darmstadt, die letzte Station heißt mit Nachnamen Rønnow. „Eine Abwehr aus Granit, so wie einst Real Madrid!“, jetzt verstehe ich auch am Radio ganz klar unseren Text. Auch aufm Rasen, wo Darmstadt sich redlich müht, aber unsere zumeist das sprichwörtliche letzte Wort haben.
Aber nichts da, von wegen Schongang für mein Herz. Die nächste Darmstädter Ecke wird präsentiert von irgendwem. Robin hatte für uns zu selbiger gerettet, der zweite Ball zwingt Frederik zu einer Riesen-Parade, mit einer seiner Schultern hindert er das Spielgerät am Einschlagen, unser Konter wird durch ein Foul unterbunden. „Elfmeter jetzt aber!“, kommt mir ein Loriot-Klassiker in den Sinn.
Schon wird’s wieder ernst, denn Sheraldo Becker hat sich verletzt, muss wieder raus, ihm das Beste! Urs vollzieht gleich mal einen Dreifachwechsel, kurz darauf Ecke Union. War da nicht was? Jura tritt – und wer verdammt ist jetzt der Vollstrecker? Der Radiomann nennt Gosens, den gerade reingekommenen Volland – und schließlich Danilho Doekhi! Nur leider hat er sich bei seiner Aktion verletzt und liegt am Boden!
„Genug der Rückschläge!“, befindet Fußballgott, welcher ja, wie wir dank Andreas Baingo wissen, Unioner ist. Wir führen 4:1 und Danilho kann weitermachen. Darmstadt darf noch einen Pfostenschuss landen, Frederik klärt und das von unseren Auswärtsfahrern angestimmte Mantra verrät, das Ding ist gelaufen. Unser erster Sieg am Böllenfalltor, dazu in Unterzahl, ist „schon jetzt legendär“, wie mir Allesfahrer Christoph schreibt. Irre vielen Dank all jenen, die das Ding auf Rasen und Rängen rockten, Eisern heißt dit!
Wer: Martin Krüger (45)
Wann:26.11.2024