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Bildquelle: Andreas Schwarzkopf [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)
Denke ich an den SC Freiburg, sehe ich sofort den 15. Mai 2016 vor mir. Der Sportclub spielte bei uns in der 2. Bundesliga, um auf direktem Weg wieder aufzusteigen. Bei dessen Etat durchaus eine Leistung, keine Selbstverständlichkeit. Im Breisgau hatten die Freiburger unsere Fußballgötter alt aussehen lassen, aber An der Alten Försterei hatten wir gewonnen. Aus meiner Laien-Sicht weitaus souveräner, als es das Endergebnis 2:1 erzählt.
Und was geschah, während wir Unioner ausgelassen den Achtungserfolg unserer Mannschaft feierten? Freiburgs Trainer Christian Streich (fast hätte ich jetzt Achim geschrieben, ältere Fußballfans aus dem Nordosten wissen, warum?) ging auf dem Rasen ein gutes Stück Richtung Gegengerade, um uns zu applaudieren. Sicher nicht aus Gehässigkeit, seiner Mannschaft gegenüber. Auch nicht, weil er uns von der Gegengerade besonders hervoreben wollte. Bis zur Waldseite war es einfach zu weit.
Er applaudierte uns Union-Fans für das, was wir während des Spiels getan hatten, interpretiere ich hier einfach mal frech. Auch die Freiburg-Fans hatten alles gegeben und wir alle unser Stadion in das verwandelt, was ein solcher Ort während eines Fußballspiels sein soll, ein brodelnder Hexenkessel. … Ja, ich weiß, das wird heute zum zigsten Mal hintereinander nicht passieren, unser Mannschafts-Tross die wohl weiteste Reise der Saison allein unternehmen.
Und wir einmal mehr allein oder in kleinsten Grüppchen auf irgendwelche Endgeräte gucken, um das Spiel zu verfolgen. Ich will nicht meckern, bislang konnte ich alle Begegnungen dieser Saison in bester Gesellschaft verleben – aber jetzt, wo grad die Sonne so vielversprechend hinter den Wolken hervorlugt und mir zuzwinkert, fehlt mir der echte Spieltag gleich noch mehr. Genug gejammert, schnell noch Ritter Erik zum Geburtstag gratulieren und dann ab gen Norden, zum Fernsehnachmittag.
Selbst der hat mittlerweile was von Fußball-Gottesdienst. Die Schälchen mit den Gürkchen, Käsewürfeln, Crackern, Dip, Rote Beete, dazu die auf der Anrichte versammelten Biere, der Schal auf dem Tisch vor dem großen Flachbildschirm – anderen Ortes wäre so mancher Mensch irre glücklich über eine solche „Kirche“. Auch ich bin’s, und das Schönste: Ich bin nicht allein, wenn Union um Punkte kämpft – und ja verdammt, wir wissen genau, was wir meinen, wenn wir schreien: „Wir wollen ins Stadion zurück!“
Nach der Slalomfahrt gegen die Breisgauer – Heimsieg, Auswärtssieg im Pokal, Niederlage in Freiburg – frage ich mich: Welche Dramaturgie offenbart uns dieses Spiel, das 11. Aufeinandertreffen beider Vereine – am Geburtstag unseres Trainers? Erst eines unserer vier Auswärtsspiele da unten konnte Union für sich entscheiden. 1:1 endeten sowohl die erste wie die letzte Begegnung, und damals, also 2002/03 stand besagtem Unentschieden AdAF ein 4:0 Heimsieg des SC gegenüber.
Luthe noch nicht wieder dabei, Taiwo fehlt ebenfalls. Leider keine etatmäßige Pause, sondern muskuläre Probleme – gute Besserung, Kämpfer! Union ganz vorn mit Pohjanpalo, ihm zur Seite Ingvartsen und Bülter. Sie legten los, gleich mal eine Ecke, leider nichts. Kommen sie in den Strafraum, ist dort sofort alles dicht. Immerhin kommen sie dorthin, im Gegensatz zu den Freiburgern. Als wir einmal durch sind, erwischt der entscheidende Spieler den Ball nicht.
Jolle kämpft an der rechten Eckfahne, Freistoß für uns. Die Flanke kommt gut rein, der Kopfball geht nebens Tor. Nach 15 Minuten ein Fallrückzieher unseres Nordlichts, leider in die Arme des Keepers. Auch Karius darf mal einen Ball fangen. Was hier wie eine Auflistung großer Chancen klingt, gestaltete sich als äußerst zähes Fußballspiel. Keineswegs wie eine Geburtstagsparty für unseren lieben Urs. Dessen Stimme ist viel und gut zu hören. Sein Freiburger Trainerkollege ist weit davon entfernt, uns zu applaudieren.
Lese ich meine Notizen, staune ich über unsere vielen Nahezu-Chancen. Richtig klar keine von ihnen, aber hatten die Freiburger überhaupt mal in die Richtung unseres Tors geschossen? Kurz vor der Pause nochmal Freistoß für uns nahe der Strafraumgrenze. Marvin Friedrich schickt den zweiten Ball – leider übers Tor. Dann ist Pause. Lob oder Fluch der elektronischen Statistik: Freiburg hatte bei gleicher Laufleistung mehr Ballbesitz, unsere schossen achtmal so oft aufs Tor.
6 Minuten nach Wiederanpfiff kontert der SC, schnell und fies – gaaaaaanz knapp über die Querlatte, die größte Chance des Spiels! Dann greifen wieder unsere an. Einmal ist kein Durchkommen, dann findet eine Flanke von rechts keinen Verwerter. In der 62. Freistoß Freiburg aus bester Position – zum Glück völlig harmlos. 2 Minuten später Angriff Union über rechts, Ingvartsen flankt in den Strafraum, wo Prömel aufreizend frei zum Kopfball kommt – drin ist der Ball, und wir können endlich mal wieder brüllen.
Das Tor samt Vorbereitung wie aus dem Lehrbuch – wenn das kein Geschenk an einen erstklassigen Fußball-Lehrer ist! Und kurz darauf fast das nächste Union-Tor, gaaaaanz knapp rechts vorbei, schade. Es folgen weitere Flanken, leider ohne den Erfolg aus der 64. Spielminute. In der 72. Nimmt auch der Gegner unser Gehäuse unter Beschuss – auch nur ganz knapp vorbei! Plötzlich ist der Ball doch drin – doch der Kommentator freut sich zu früh. Zuvor hatte das Spielgerät bereits die Grundlinie überrollt.
Zwei weitere Union-Angriffe, Marke: „Warum spielt der nicht ab?!“ Dann foult einer der Unseren nahe der Mittellinie – Gelb sagt der Schiri, die war schon ganz schön dunkel … und dann geht er auch noch Video kieken, bleibt zum Glück bei seiner Entscheidung. Die 5 Minuten Nachspielzeit ziehen sich, dann ist es geschafft: Urs-Geburtstag gerettet, Union gewinnt geradezu souverän, was willste mehr in diesen Zeiten? Kein Spiel für die Ewigkeit, aber für den Klassenerhalt. Und ein Spiel weniger bis zu unserer Rückkehr in unseren großen, gemeinsamen Dom, Eisern heißt dit!
Wer: Martin Krüger (45)
Wann:26.11.2024