Frank Nussbücker: Wir alle mit Luft nach oben - Union Berlin siegt bei Türkgücü München

Union Berlin siegt über Türkgücü München

Bildquelle: Ror60 [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Nach gut sechs Wochen Ferien-Auszeit komme ich mir im nun wiedereinsetzenden Alltag merkwürdig wackelig vor. Wie würde es unserer Mannschaft ergehen? Mir als bekennendem Abergläubler jagten die vom Ergebnis her phantastischen Resultate der Vorbereitungsspiele gegen teilweise namhafte Europapokal-Clubs geradewegs Furcht ein. Für mich unvergessen: Der 3:0 Sieg gegen Celtic Glasgow zur Einweihung der neuen Haupttribüne am 12. Juli 2013, dem eine Woche drauf ein 0:1gegen den VfL Bochum folgte …

Nun also das Pokalspiel gegen dieses Fußballunternehmen aus München, ausgetragen im Grünwalder Stadion, bekannt als Spielstätte der Sechzger. Hinzu kam der Fakt, dass nicht nur Heimfans, sondern auch Eiserne Auswärtsfahrer die Ränge zieren würden – fast wie früher also? Über Tausend Unioner machten sich auf den Weg nach Bayern, dazu sicher der eine oder andere Exiler. Auch Freundin Carola und einige andere Bekannte ließen es sich nicht nehmen, dabei zu sein. Hier und da las ich von einem Heimspiel für Union.

Erste Achtungszeichen – und Getrommel

Ich reiste nur innerhalb des Stadtbezirks, zu Freund Robert. Drei neue Spieler in der Starformation, weitere auf der Bank – und tatsächlich ein teilweise gefülltes Grünwalder! „Wir lieben Union, jawoll!“, vernahm ich die Gesänge der Unioner, welche aufgelockert den gesamten Hinter-Torbereich füllten. Ihnen gegenüber ein Trüppchen schwarzgewandeter Heimfans. Sie hatten Trommler dabei, riefen etwas und reckten reichlich Stinkefinger.

Ihren Spielern gebührte der erste Angriff. Unsere klärten, gefolgt vom „Eisern!“ „Union!“ der Auswärtsfahrer. Union greift an, doch immer wieder kommt der letzte Pass nicht beim Mitspieler an. Der schwarze Block hinterm gegnerischen Tor trommelt und singt derweil. 17. Minute, Freistoß für Union: Käpten Trimmel serviert, Voglsammer fast dran – schade, aber ein erstes Achtungszeichen! Auf den Rängen „Wir lieben Union, jawoll“ gegen das Getrommel. Letzteres wirkt zumindest am Fernseher etwas stärker als die Gesänge in Rot.

Max antwortet den Pöblern aufm Platz

Machte sich hier das Fehlen von Trommel und Vorsänger auf unserer Seite schmerzhaft bemerkbar? Meine Achtung vor den beherzt Ballett-machenden Heimfans rührte daher, dass ich deren Gesänge, abgesehen von einem immer mal wieder kräftig herausgestoßenen „Tü!“, nicht verstand. Freundin Carola klärte mich nach dem Spiel auf, dass die Schwarzgewandeten vor allem dummdreist gegen unseren Verein im Allgemeinen und die Mutter unseres Max Kruse im Besonderen gifteten.

Nein ich wünsche mir hier kein disziplinarisches Einschreiten des DFB. Nur sollte sich der Verband dann ebenso still verhalten, wenn derartige Beleidigungen einem ranghohen Funktionär gelten. Das Spiel plätscherte derweil dahin, bis sich Taiwo ein Herz fasste. Den vom gegnerischen Torwart angespielten Verteidiger ließ er stehen wie die sprichwörtliche Slalomstange, passte punktgenau auf den Mitgelaufenen Max – und der gab die einzig gültige Antwort auf die „Anfeuerungen“ der Krakeeler. Auch ohne das Wissen um das Repertoire der Radau-Kids in Schwarz sprang ich jubelnd auf. Führung Union, was willste mehr!

 

 

Schrecksekunden

Kurz darauf holte Robert Andrich mal wieder die Sense raus und kassierte die erste von etlichen Gelben Karten für unser Teams. Ich fuhr zusammen, doch der Robert neben mir beruhigte mich: „Das ist hier nicht Hertha, heute hat er sich im Griff!“ Eine weitere Schrecksekunde, als Taiwo verletzt am Boden liegt, doch auch hier ist hoffentlich nichts passiert? Ein starker Angriff der Unioner, wieder Kruse – doch der Ball streicht am Tor vorbei. Die Führung im Rücken, geht es in die Kabine.

Aus der kommt unsere Mannschaft voller Tatendrang. Freistoß Max Kruse, Taiwo trifft den Pfosten, kann sich nicht revanchieren! Als sich Max bald darauf den Ball vorm gegnerischen Tor erkämpft und auf den weit offenstehenden Kasten schießt, trifft er nur den wackeren Keeper. Kurz darauf landet auf unserer Seite Luthes Zuspiel beim Gegner – doch wenig später in unseres Keepers zupackenden Armen, Aufatmen! Eine weitere Schrecksekunde folgt, als unser Schlussmann einen Schuss erst im Nachfassen sichern kann.

Runde weiter – und jut!

Von derartigen Aktionen abgesehen, kommt das Spiel auf Rasen und Rängen müder daher als der Trommelhall von hinterm Tor. Wie dankbar bin ich, als ich kurz vor Schluss unser Mantra vernehme: „FC Union, unsre Liebe, unsre Mannschaft, unser Stolz, unser Verein – Union Berlin ….. Union Berlin!“ Der Stadionsprecher brüllt Unverständliches, die Trommel setzt wieder ein, zwischendrin vernehme ich kurz nochmal unser Mantra. Endlich ist das Spiel vorbei.

 

 

Weit davon entfernt, vom Fernseher aus unsere Auswärtsfahrer zu bekritteln, sehe ich bei uns allen mächtig viel Luft nach oben. Das war längst noch nicht der Fußball, wie wir ihn lieben. Als durchweg positiv empfinde ich es, dass dieses von einem Trupp vorpubertär pöbelnder Typen in Szene gesetzte Fußballunternehmen aus dem Wettbewerb ist. Möge der 2. Bundesliga jenes Konstrukt unter der Leitung eines in diesem Fall türkischen Unternehmers erspart bleiben.

Schulter an Schulter ins erste Punktspiel

Unsere Mannschaft erledigte die ihr hier im Grünwalder gestellte Aufgabe bei allen Abstimmungsschwierigkeiten in meinen Augen souveräner als in so manch anderem Jahr. Erinnert sich noch jemand an den unglückseligen Pokal-Auftakt bei Viktoria Köln? Oder an jenen Ach-und-Krach-dann-doch-noch-Sieg gegen einen bärenstark kämpfenden MSV Duisburg? Das war hier schon etliche Nummern besser. Bleibt die Frage, wie sich unsere 1. Herrenmannschaft nächsten Samstag gegen die favorisierten Leverkusener im ersten Punktspiel zeigt.

Dazu bin ich äußerst gespannt, wie stark wir Unioner uns nächsten Samstag auf den Rängen präsentieren? Gegnerische Fans, die es zu übersingen gilt, wird es leider nicht geben. Stünde uns die eine oder andere Trommel, die Arbeit eines oder zweier Vorsänger gut zu Gesicht? Darüber habe ich nicht zu entscheiden. Momentan weiß ich nicht einmal, ob mir das Losglück hold ist und ich tatsächlich im Stadion sein werde. Und falls ja, wer wird neben mir stehen, wer mit mir Schulter an Schulter singen? Wie blöd all die momentanen Umstände auch sind – bin ich nach Abpfiff nicht heiser, hab ich meine Leistung nicht gebracht. Eisern Union!


Werbung