Frank Nussbücker: Kein Gewese an der Weser – Union Berlin zieht Werder den Zahn

Union-Sieg über Werder Bremen

Bildquelle: Harleypaul on Tour [], (Bild bearbeitet)

Zum Abschluss der erfolgreichsten Bundesliga-Hinrunde unseres geliebten Vereins gings also gen Norden, an die Weser. Mit dem dort ansässigen SV Werder Bremen verbindet mich seit unserem letzten Spielklassenwechsel eine bewegende kleine Historie: Als wir am 14. September 2019 erstmalig zu einem Erstliga-Punktspiel gegeneinander antraten, geriet dies zu einem denkwürdigen Nicht-Spiel. Am Ende erteilten uns die Werderaner eine schmerzhafte Lehrstunde in Sachen Abgezocktheit.

In der Rückrunde, am 8. Februar 2020 im Bremer Weserstadion, lief’s genau andersherum. Bremen bemüht, Union eiskalt, könnte man unseren 2:0 Erfolg in der Fremde zusammenfassen. Für mich war es weit mehr, stand doch unser damals 21. Auftritt in der Bundesliga unter dem Motto „Eisern trotz(t) Handicap“. Zum vierten Mal hatte besagte Fan-Initiative zusammen mit Eisernen Unterstützern geistig oder körperlich gehandicapten Eisernen eine ganz besondere Auswärtsfahrt spendiert. Nach Abpfiff zelebrierten wir gar zusammen mit Bremer Ordnern unseren Bundesliga-Gesang.

Punkte und Bier

Am Ende unserer ersten Bundesliga-Spielzeit zeigten sich nicht wenige Werder-Fans äußerst dankbar dafür, dass wir eine gewisse Fortuna mit 0:3 heim nach Düsseldorf und in Liga 2 geschickt hatten. Beträchtliche Mengen Bier verbrachten Werderaner darauf an Orte, an denen Unionerinnen und Unioner besagtes Getränk zu sich nehmen. In der Saison darauf gelangen unserer 1. Herren gar 2 Siege gegen die Bremer, welche am Ende der Spielzeit dann doch den schweren Weg ins Unterhaus antreten mussten.

Ihnen gelang der direkte Wiederaufstieg, und nicht nur das. Der SV Werder zeigte sich gerade nach seiner Rückkehr in Liga 1 als äußerst unbequemer Gegner, längst nicht nur für Mannschaften aus dem Ruhrpott, aus Bochum, Mönchengladbach, dem Kraichgau oder Charlottenburg. Und auch wenn sie am letzten Samstag eine herbe Klatsche in Köln hinnehmen mussten, sollte niemand die Mannen von der Weser unterschätzen – erst recht kein einziger Unioner.

„Entscheidend ist aufm Platz!“

Dass auch nur ein einziger unserer Aktiver auf eine solche Idee kommen könnte, da warnte Urs vor. Die bestmögliche Leistung forderte er von der Mannschaft ein: „Von Beginn an bereit sein, unser Gesicht auf den Platz bringen!“ Gerade unsere Defensive sei gefordert gegen die Offensive der Bremer um Nationalspieler Füllkrug und Kollegen. Wie aber würde sich unsere dann doch noch – Transferfenster sei Undank – umgebaute Mannschaft gegen diesen Gegner zeigen? Ich war mehr als nur gespannt.

Urs bringt unseren Neuzugang Juranović für Käpten Trimmel und Kevin Behrens für Jordan. Hinten sollen Leite, Knoche und Doekhi alles dichthalten. Kaum ist das Spiel angepfiffen, da erwischt es Bremens Nationalspieler Füllkrug. Nach einem Luftduell liegt er am Boden, es tat offenbar ordentlich weh. Doch der Werderaner kann weiterspielen. „Steht auf, wenn ihr Bremer seid“ erinnern mich die Heim-Ultras daran, dass man in Bremen wie fast überall den Fußball wie daheim vorm Fernseher im Sitzen zu sich nimmt.

Einschläge in beiden Netzen

Ein Bremer Patzer vorm eigenen Tor, und fast gelingt es dem heranstürmenden Behre, den Ball ins Netz zu grätschen. Leider streift das Ding links vorbei. Unsere bauen Druck auf, irgendwann der 1. Eckball. Leider ist Trimmi draußen, Juranović schnappt sich das Spielgerät. Werder kann klären, versucht sich im Spiel nach vorn. Als 13 Minuten herum sind, steht eine einzige Torchance zu Buche, für uns! Kurz darauf Freistoß für Werder, auf den Kopf eines der ihren, welcher ihn zwischen Frederiks Beinen hindurch ins Netz befördert. Nee, oder?

 

 

„Steht auf, …“, fordern die Bremer Ultras, „Eisern!“ „Union!“ bringen unsere Auswärtsfahrer unseren derzeit ältesten Wechsel-Ruf, „Union verspringen die Bälle!“, konstatiert der Kommentator. Einmal mehr versucht sich Werder an einem positiv ausgedrückt riskanten Rückpass auf ihren Torwart, und einmal mehr stürzt sich Kevin Behrens ins Geschehen. Der Torwart bringt ihn zu Fall oder auch nicht, Janik Haberer übernimmt das Spielgerät und haut es ins gegnerische Tornetz, „Eisern Union!“

Bremer Sturmlauf, Eisernes Traumtor …

4 Minuten brauchten unsere Mannen für diese treffliche Antwort, aber Bremen geht gnadenlos in die Offensive, übernimmt die Kontrolle. Auf den Rängen fightet „Allez SVW“ mit „Hier regiert der FCU!“ Freistoß Werder, wir bekommen kurz drauf keinen, na und! Die Bremer vor unserem Tor, Schuss aus bester Position! Frederik fliegt los, doch Robin Knoche hat seinen Fuß dazwischen, Ecke Werder. Auch hier verhindert Abwehrchef Robin alles Schlechte, Eisern eben!

Werder greift weiter an, steht gefühlt kurz vor der erneuten Führung, ein Befreiungsschlag kommt postwendend zurück. Immer besser zu hören: unsere Auswärtsfahrer! Die Unioner aufm Rasen bleiben standhaft, greifen auch mal wieder selbst an, bekommen das Spiel – zumindest aus meiner Sicht – wieder besser unter Kontrolle. Bremen indes spielt den zigsten Katastrophenpass auf den Torwart – und logo ist Behre zur Stelle! Der Keeper schießt ihn an, der Ball kommt zu Sherry, der aus der Distanz ein Traumtor ins Netz zaubert!

 

 

Kopfballtor des fliegenden Fighters

Was für ein befreiender Jubel, gefolgt vom unseligen VAR-Nachspiel. Der Bremer Torwart hatte Behrens angeschossen, welcher versuchte, seine Hand aus des Balles Flugbahn zu nehmen. Dies schaffte er gerade so nicht – Tor aberkannt, Jubel in den Bremer Heimbereichen. Für mich eine Fehlentscheidung, die unsere Mannschaft wegstecken muss. Urs macht es vor, zeigt Null Nerven, weiter geht’s! Im quasi Gegenzug nochmal eine Bremer Chance aus 16 Metern, unsere Defensive steht, besungen mit: „Eine Abwehr aus Granit…!“

Zur zweiten Halbzeit erscheint unsere Mannschaft in extrem aufgewachtem Zustand. Gleich mal Attacke, vom Gegner zur Ecke geklärt. Sie kommt von rechts, Trimmi ist nicht aufm Platz, also mal wieder unser Neuer, der gerade eben noch für Celtic fightete und zuvor für Kroatien alle WM-Spiele bestritt. Josip Juranović bringt den Ball nahezu Trimmel-genau auf den Mann, der sich nun endlich seinen heute derart hart erarbeiteten Torerfolg nicht mehr nehmen lässt. Aus 5 Metern köpft Behre das Netz und alle Unioner dieser Welt zur Ekstase!

Die Butter bleibt auf der Stulle!

Ich Profi-Pessimist und furchtsamer Mensch zitterte dann noch oft gestern Abend, dabei gaben mir unsere Mannschaft samt Stab im Grunde kaum noch einen Anlass dafür! Also sorry, fast-noch Geburtstagskind Susi und Männer! Die Unioner auf den Rängen machen weiter Ballett, dem „ASK-Song“ folgt nach etlichen Minuten jenes Lied, welches, begleitet von wippenden Armen, seit Jahren unsere Zugehörigkeit zur „1. Bundesliga“ abfeiert. Ob die Bremer Ordner wieder mitwippten, weiß ich nicht zu sagen.

Die Bremer Mannschaft versuchte noch was, wurde aber kaum mal gefährlich – im Gegensatz zu Becker, Behrens und Kollegen. Immer wieder tankt sich unser Flügelflitzer vors gegnerische Tor. Sehr schade, dass ihm sein Traumtor aberkannt wurde. „Wir sind Unioner, wir sind die Kranken!“ Unversehens rücken viele Wechsel, rückt die Schlussphase heran, erklingt von den Rängen unser Mantra. Jawollja, ich gratuliere der Mannschaft und uns zu 33 Punkten. Knapp wars, und fast „erschreckend“, wie der 1. FC Union in dieser Eliteliga auftritt. Volle Kraft voraus, am Samstag geht’s um alles, Eisern heißt dit!


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