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Bildquelle: Harleypaul on Tour [], (Bild bearbeitet)
Nun also mal wieder der VfB Stuttgart, von manchen hier auch Prenzleberg-Süd genannt. Sieben Mal standen wir einander gegenüber. Als der schwäbische Club am 20. November 2016 bei uns im Stadion An der Alten Försterei gastierte, war er der haushohe Favorit, dem unsere Fußballgötter immerhin ein 1:1 abtrotzten. Überhaupt trennten wir uns fast immer mit einem Remis, von denen sich jene beiden im Mai 2019 zweifelsfrei wie Eiserne Siege anfühlten.
Vom Marktwert her sind uns die Schwaben weiterhin klar überlegen, die Bundesliga-Tabelle indes spricht eine andere Sprache. Wir sollten uns von ihr nicht täuschen lassen, Die Spieler mit dem berühmten Brustring auf dem Trikot sind auch jetzt alles andere als Laufkundschaft, und genau wie wir erzielten sie jüngst aufm Platz Ergebnisse, die nicht den wirklichen Leistungen dieser Mannschaft entsprachen. Ich war vorab gespannt wie gelassen. Allein schon, dass wir jenem 182,10 Millionen-Team mental auf Augenhöhe begegneten, war für mich ein großer Erfolg.
Ein weiteres Spiel mitten im Krieg – und ich merkte einmal mehr, dass ich mich vom Fußball, ja selbst meinem geliebten Verein entfernt habe. Ich würde in unserem Wohnzimmer und darum herum Bekannte, Kumpels, vielleicht gar ein paar Freunde treffen, vor allem diese Aussicht ließ mich nach Köpenick fahren. Die Stuttgarter gewannen die Platzwahl und schickten Unsere auf die Wuhleseite. Hatte das mit dem Stand der stark ins Stadion einstrahlenden Sonne zu tun? Die Pfiffe hatten sie für sich.
Dem Unioner Angriff folgte ein Stuttgarter Konter, aber auch der wurde abgewehrt, die Schwaben mussten neu aufbauen. „Wir sind Unioner, wir sind die Kranken“, hieß es in Minute 2, eine Sekundenzeiger-Umdrehung später ein Schuss neben das Gästetor. „Eisern Union!“, quittierten wir diesen guten Angriff. Das „F-C-U-Fußballclub Union Berlin“ will und will nicht klappen ohne Trommeln, also folgte der „Eisern – Union“-Wechselgesang zwischen Waldseite und Gegengerade.
„VfB“, meldet sich der Gästeblock, wir halten ihm die Schönheit Köpenicks entgegen. Während weitere Gesänge folgen, frage ich mich: Was wird dieses Spiel für uns bereithalten? In Minute 14 bekommen wir einen Freistoß zugesprochen. Er streicht aus meiner Sicht denkbar knapp, aber konsequent an allen Spielern wie dem Gehäuse vorbei. Eine Minute später, begleitet von „Fußballclub Union Berlin, mein Lebenselixier“, kommen Unsere über rechts. Schade, wir dringen nicht vors gegnerische Tor. Stattdessen Fußball-Flipper im Mittelfeld.
Von den Gästen kommt offensiv nur wenig später mehr als nix, aber sie verteidigen leider auch gut. Letzteres verknüpft mit stetig zunehmendem Hingefalle, welches der Schiedsrichter zunehmend mit Freistößen gegen uns honoriert. Als mal wieder ein Stuttgarter foult, gönnt uns der Unparteiische immerhin den Vorteil. Wäre hier eine Karte fällig gewesen? Der sie in der Tasche mit sich trägt, befindet: Nein. 27. Minute: Union über rechts, dann der Schuss aufs Tor – Ecke! Die wird zunächst verteidigt, der folgende Schuss geht neben das Gehäuse.
Der nächste Angriff geht ans Außennetz. Nach einer guten halben Stunde kommen auch die Gäste zu einem Eckball. Kurz darauf Handspiel von Gießelmann, Gelbe Karte und Freistoß aus gefährlicher Position, Mist! Nun bekommt auch unser Torwart Frederik Rönnow Gelegenheit, sich auszuzeichnen. Unsere greifen an, mal wieder über rechts. Dann die Flanke vors Tor, wo Taiwo lauert – und mit einem platzierten Schuss die Maschen erzittern lässt. Nach kurzem Aufschrei gewahren wir die Abseitsentscheidung. Mist – verdammter!
Kurz darauf liegt mal wieder ein Schwabenspieler aufm Rasen und steht rasch wieder auf, nachdem er seinen Freistoß bekommt. Dann sind sofort wieder unsere am Drücker. Sheraldo Becker über rechts, verliert den Ball und holt ihn sich zurück. Er passt ins Zentrum, der Ball landet schließlich beim Torwart. Aber war das nicht ein Handspiel im Strafraum? Oh, sogar der Schiri hats gesehen und zeigt auf den Punkt. „Den pfeift er zurück!“, orakelt mein Nachbar – aber nein. Taiwo Awoniyi hält den Ball fest und legt ihn auf den Punkt.
Augenblicklich erklingt im Stadion jener Gesang, welcher seinen Vor- und Zunamen zum Inhalt hat. Hat der Junge die Nerven? Er hat, knallt das Ding aus meiner Sicht souverän in die Maschen. Endlich führen wir wirklich und auch nach Toren. Kurz darauf erklingt auch mal wieder jener Gesang, der unsere Anwesenheit in der 1. Bundesliga feiert. Unsere Mannschaft bleibt am Ball, kann nur leider kein Tor nachlegen. 7:2 Torschüsse und 3 mehr gelaufene Kilometer unserer Mannschaft vermeldet die Statistik mit dem Halbzeitpfiff.
Als es weitergeht, fällt Stuttgart weiter sehr gut, besteht das Spiel größtenteils aus Freistößen. Kommt der Ball vors Tor, haut Rönnow ihn raus. Ein Eiserner Konter bleibt stecken. Ein Stuttgarter nimmt wie vordem Nico Gießelmann die Hand zu Hilfe. Immerhin pfeift der Pfeifenmann, aber die Gelbe belässt er in seiner Brusttasche. Liegt es am aus meiner Sicht parteiisch Unparteiischen? In jedem Fall rastet Urs Fischer zunehmend aus, steht er kurz vor der Gelben Karte. Er zeigt sein Unbehagen derart, wie ich es nicht von ihm kannte.
Zunächst können Unsere zwischendrin noch einige gefährlich anmutende Gegenangriffe einstreuen, doch mit abnehmender Restspielzeit drücken die Hinfaller aus Schwaben immer stärker. In der 75. Minute kommt etwas, was ich so schon ewig nicht mehr erlebte in unserem Stadion: Christian Arbeit gibt die Vater-Suchmeldung eines siebenjährigen Jungen durch. „Papa ist am Bierstand!“, ruft ein Nachbar, und das Stadion singt: „Wo du auch spielst, ja wir folgen dir / Und ist der Sieg auch noch so fern / Gib niemals auf und glaub an Dich / Ja dann kann der Sieg nur Dir gehör‘n!“
Unser Torwart wird immer mehr zum gefragten Mann, Entlastungsangriffe bleiben im Ansatz stecken. Immer wieder ist jedoch ein Unioner dazwischen, nur selten werden die Gäste wirklich gefährlich. In der 84. Minute ist Stuttgart durch – der Schuss geht links am Kasten vorbei, ein heißes Ding! Und in der 90. liegt der Ball dann doch in unserem Tor. Zuvor gabs ein Stuttgarter Foulspiel, das interessierte jedoch den „Schieber“ Genannten nicht. So bleibt uns nur 1 Punkt, dazu die Achtung vor unserer kämpferischen Mannschaft und die Liebe zum Verein. Dass sich dieses Unentschieden, anders als jene von Mai 2019, nicht wie ein Sieg anfühlt, spricht für die Qualität unseres Teams. Eisern Union!
Wer: Martin Krüger (45)
Wann:26.11.2024