Frank Nussbücker: FCU mit Remis gegen Royale Union Saint-Gilloise in Köpenick

Union Berlin Unentschieden gegen Gilloise

Bildquelle: Harleypaul on Tour [], (Bild bearbeitet)

„Schwer!“, beantwortete Urs Fischer mit diesem einen, gewichtig ausgesprochenen Wort die Frage, was sein erster Gedanke gewesen sei, als er den Losentscheid für das Achtelfinale der Europa League realisierte. „Aber in einem Achtelfinale gibt es keine leichten Gegner“, fügte er hinzu, doch dieses eine Worte schwebte da wohl nicht nur für mich noch immer mahnend im Raum. Was hätte er auch anderes sagen können angesichts eines Gegners, dem es seit langer Zeit als einziger vermochte, seine unsere Mannschaft AdAF zu besiegen!

Wie die belgischen Unioner das anstellten, beeindruckt mich wohl für alle Zeit: Genauso eklig wie wir an guten Tagen, nur an diesem einen eben einen Tick heftiger als wir. Zwei Duelle, und ein jedes gewann die Mannschaft mit weniger Ballbesitz, beide Male das Auswärts-Team. Dieses Mal würde uns Stadionsprecher Christian nicht mehr erklären müssen, dass er unter von der UEFA diktierten Bedingungen den Rasen nicht betreten darf – aber wie würde es unserer Mannschaft ergehen?

Alles klar – aber wer gewinnt?

Tief stehen würde der Gegner – und mittels blitzschnellem Umschaltspiel versuchen, gefährlich vor unseren Kasten zu kommen. Ein ekliges Gefighte würde es werden – aber wer hatte dieses Mal das Glück heftiger auf seiner Seite? Besser gesagt, wer würde die besseren Argumente liefern, Frau Glücksgöttin erfolgreich zu betören? Selten war ich derart aufgeregt vor einem Spiel, dessen Verlauf ich derart klar vor mir sah!

Aufgrund dieser Zeilen und weil meine Nacht weit vor der morgendlichen Frühe zu Ende sein würde, verfolgte ich den Fight nicht leibhaftig im Stadion. Gefangen im Verließ meiner Gefühle, und ich hatte keine Chance, sie so herauszuschreien, dass es unserer Mannschaft half! Nun, ich hatte es nicht anders gewollt – und legte all meine Hoffnung in die Hände und Stimmbänder der etwa 20.600 auf den Stadionrängen brüllenden Unionerinnen und Unioner.

Eiserne Annäherung

Wir hinten zu viert, rechts Juranović vor Trimmel, auf der linke Seite Doekhi hinter Haberer. Wir verlieren die Platzwahl, Royale lässt unsere falschherum spielen. „Wir singen Rot, wir singen Weiß…!“ Einiges Geschiebe im Mittelfeld, dann greifen wir an, Sheraldo Becker holt am Anfang der dritten Minute den ersten Eckball. Josip tritt sie von rechts, wir kommen nicht durch, Konter Royale, da war doch was! Noch bleiben sie ungefährlich.

Becker auf links, kommt nicht durch, Wir greifen weiter an, werden abgefangen, noch immer nichts passiert. Dem ersten Gesang nach Anpfiff folgt „Auf geht’s, Union, kämpfen und siegen!“ Wir werden wohl eine Menge Geduld brauchen – und müssen obendrein stets hellwach sein. Das alles sagt sich so einfach. Thorsby auf Doekhi, wir schießen fast aufs Tor! In Minute 9 eine gute Flanke, Behre kommt zum Schuss, der Keeper klärt zur Ecke, „hinein, hinein, hinein!“

Royale aus dem Nichts

Trimmi bringt sie in den Sechzehner, Doekhi köpft, noch ein Gegner war dran, nächste Ecke. „Wir sind Unioner, wir sind die Kranken!“ Wieder eine gute Flanke ins Zentrum, Thorsby kommt nicht dran, aber erneut Ecke! Josip bringt sie auf Behrens, der Torwart klärt auf der Linie! Es sieht gut aus, auch, als die Gäste ihre erste Ecke rausholen. Doch sie werden stärker, sind „angekommen im Spiel“, wie Co-Kommentator Felix Kroos treffend feststellt. Nach einer weiteren fast-Chance für uns dringen die Gäste in unsere Hälfte vor.

Das gibt’s nicht, oder? Irgendwie aus dem Nichts landet der Ball in unserem Netz. War vom Schützen vielleicht nicht mal so gedacht, den Treffer nehmen er und seine Mannschaftskollegen dennoch gern mit. Urs wirkt geschockt, ich bin es in jedem Fall. „Geduldig bleiben!“, mahnt Felix Kroos. Weiter geht’s: Freistoß Trimmi auf Haberer, abgewehrt zum Einwurf, Mist, Rani Khedira liegt am Boden, kann aber zum Glück weitermachen. „1. FC Union Berlin – und alle!“, schallt es von den Rängen.

Standard zum Ausgleich

Wir versuchen anzugreifen, Royale Union spielt 1. FCU und erfreut sich am schnellen Kontern. „Und wir lieben unsern Club, und wir sind stolz auf ihn, FC Union aus Berlin!“ Die Gäste lassen uns in ihrer Hälfte spielen, halten hinten dicht, lauern auf ihre verdammten Nadelstiche. Zwei Fouls hintereinander, der Schiri ahndet das erste: Freistoß für uns vor dem Sechzehner. Josip Juranović legt sich den Ball zurecht, läuft an – und zimmert ihn unhaltbar ins linke Eck, dann eben so!

Das Ganze kurz vor der Pause, so besteht für Durchgang zwei alle Hoffnung dieser Welt. 9:2 Torschüsse für uns – und 69 % Ballbesitz zwangen sie uns auf. Hälfte 2 beginnt mit dem neuen Lied um Damir Kreilach, 2. Liga und das bombastische jetzt mit Beletage und Europa! Das Schneetreiben, welches ich bislang zu erwähnen vergaß, wird dichter. Oh nein, Aberglaube, weiche von mir!

 

 

Biegt Knoche es mal wieder gerade?

Wie schön wäre jetzt und heute ein Sieg!, träume ich vor mich hin, und wie schnell liegste hinten gegen diesen ekligen Gegner! Konter Royale – Knoche ist zur Stelle! Becker über links, sein hoher Ball landet in den Armen des Keepers. Kurz drauf Ballverlust Trimmel, schneller Konter, Pass vors Tor, freieste Schussbahn – unser Netz zappelt erneut, diesmal nach mustergültigem Umschaltspiel des Gegners! Ich bin sicher, Trimmi selbst ärgert sich am meisten über seinen Patzer.

Auf ein Neues also: „F-C-U…!“ Freistoß Trimmi von rechts, zur Ecke abgewehrt. Die kommt nicht an, Neuaufbau, nächste Ecke, ein Royaler liegt am Boden. Unsere versuchen es, wieder und wieder, schließlich das Handspiel eines Gegners im Strafraum, kurzer Check, Elfmeter! Natürlich Knoche, wer sonst – und der Ghostwriter in mir – ja, ich hasse mich dafür – er sagt: Das könnte jetzt in echt schiefgehen.

Befreiungs- und erneuter Niederschlag

Robin tritt an, natürlich linke Torhälfte – und schwach geschossen! Der Keeper ist dran, muss aber prallen lassen, direkt vor Robins Füße, und das Netz zappelt doch! Ich umarme den Ghost in mir, was für ein irres Szenario! Ausgleich durch Standard, ok du8rch Nachschuss, was sonst? Nun aber vorwärts, lasst euch das nicht mehr nehmen, oder? … Leider doch, ganze drei Minuten später greifen die Gäste schnell und eiskalt an, der nächste Pass zum freien Mann – und zum dritten Mal liegen wir hinten!

„Eisern!“ „Union!“ brüllen Waldseite, Gegengerade samt Kicherkurve heraus. Was bin ich froh, dass ich kein Fußballer bin. Als Fan brüllst du weiter, singst dein Team unbeirrt nach vorn: „Kämpfen und Siegen!“ Vorhin hatte Urs bereits einen Doppelwechsel vollzogen, nun wechselt er dreifach. Leweling, Michel und Gießelmann kommen ins Spiel – schade, dass andere dafür gehen müssen. Die Zeit tickt herunter, und irgendwie scheint des Gegners Strafraum nun endgültig „wegen Überfüllung geschlossen“.

„Keiner wird es wagen…!“ Danke, Sven!

Was muss das an Kraft kosten, zum dritten Mal dem Rückstand hinterher! Minute 84, Royale wechselt, gaaaanz langsam. Gießelmann geht dazwischen, der von ihm zum Gehen gedrängte nimmt jede Berührung dankend entgegen, Gelb für Niko! Diese Gäste sind das ekligste Union, dass ich seit langem sah. Ein Royaler in unserem Strafraum gegen 4 Unioner, 4 gewinnt schließlich doch! Unseren Konter stoppen sie durch Foul, die Nerven liegen blank. „Auf geht’s, Unioner schießt ein Tor!“, kommt lautstark der Vorschlag von den Rängen – und unsere Mannschaft?

Der Ball kommt endlich mal wieder nach vorn. Sven Michel setzt sich gegen zwei Mann durch, erobert den Ball nochmal zurück, zieht ab – und lässt das Tornetz zum sechsten Mal tanzen! Der anschließende Zusammenprall mit einem Gegner fällt ihn brutal, doch Sven steht schon wieder – wir sind zum dritten Mal zurück an diesem irren Abend. Wir bleiben es, auch nach 6 Minuten Nachspielzeit. Ich bin fix und fertig, obgleich ich nicht mal auf den Rängen stand. Was für eine Schlacht – und ja verdammt, „keiner wird es wagen!“ Eisern heißt dit.


Werbung