Frank Nussbücker: Union gewinnt torlos Abwehrschlacht in Freiburg

Union Berlin mit Remis in Freiburg

Bildquelle: Harleypaul on Tour [], (Bild bearbeitet)

Nun war die Mini-Winterpause zu Ende. Ein Alt- und ein vielleicht irgendwann-mal-Star hatten uns verlassen, ein voll im Saft stehender Verteidiger war zu uns gekommen. Wer würde uns noch verlassen, wer bei uns bleiben und wer noch zu uns kommen? Nach Freiburg zu kommen, erwies sich, Bahn sei Dank, für etliche der angesagten 1.700 Eisernen Auswärtsfahrer als unlösbares Problem. „Oberleitungsschaden in Oberhausen“, vermeldete Allesfahrer Harley-Paul die Wurzel des Übels.

Der erfahrene Rocker hatte die längste Bundesliga-Auswärtsfahrt der Saison bereits am Vortag in Angriff genommen – und war also rechtzeitig vor Ort. Freund Christoph indes musste unterwegs die Segel einholen, als das rechtzeitige Erreichen des Stadions fernab jeder reellen Chance lag. Mein Mitgefühl all jenen, denen es so erging! Ich selbst, muss ich zugeben, machte es mir mit bangem Herzen auf meiner Arbeitscouch so bequem, wie es mir im Union-Spiel-Modus irgend möglich ist.

Ruhiges Abtasten, Union mit erstem Torschuss

Unser Trainer überraschte zumindest mich mit seiner Aufstellung: Robin Knoche auf der rechten Abwehrseite, neben ihm Kevin Vogt als zentraler Verteidiger! Immerhin Leite auf links war wie üblich, vor ihm agierten der heutige Käpten Jerome Roussillon und rechts Josip Juranović. Auch Mittelstürmer Kaufmann war für mich ein Novum. Auf der Bank unter anderem Gosens und Schäfer, nach kurzer und gefühlt ewiger Verletzung.

Der Schweigeminute für Franz Beckenbauer folgte die zwölfminütige Stille aus Protest gegen einen Investoreneinstieg in die Liga. Auch auf dem Platz blieb es zunächst ruhig – dann stieß Kaufmann in den gegnerischen Strafraum vor. Schon bekam er Unterstützung von Aaronson, der in dieser 3. Minute den Freiburger Tormann mit einem „unangenehmen“ (O-Ton Sky-Reporter) Lupfer prüft. Auf den Rängen wurde es sparsam laut, sobald Freiburg in unseren Sechzehner drang.

Freddys Intuition hält uns im Spiel

Das taten sie jetzt immer wieder. Unsere stehen tief, in Minute 7 klärt Vogt zur Ecke. Weitere 4 Minuten später mündet ein Unioner Offensiv-Versuch im Konter der Breisgauer. Der Abschuss streicht, ganz sicher zum Leidwesen ihres gleichnamigen Trainers, ganz knapp am rechten Pfosten vorbei. Dazu wars äußerst knapp Abseits – und doch brannte es da gerade eben gehörig vor unserem Tor! Dann sind die 12 Minuten vorbei. Sie zählen die letzten 10 Sekunden runter, dann erschallt der den Verband „huldigende“ Wechselgesang.

Aus dem vereinten Protest heraus wird seitens der Unseren schließlich ein „Scheiß FC Freiburg!“ Hatten sie dafür einen aktuellen Grund, oder markierte es den Fakt, dass es hier nun mal vor allem um Punkte geht, die man dem Gegner abzunehmen denkt, oder beides und noch viel mehr? Seis drum, Freiburg kommt über die linke Seite. Den eroberten zweiten Ball passen sie auf den Kopf eines Stürmers direkt vor unserem Tor. Frederik Riis Rønnow reißt im entscheidenden Augenblick den Arm hoch, um den Hochkaräter übers Tor zu befördern!

Vollbeschäftigte Union-Abwehr

Seine Parade hält uns die Null, den nächsten Freiburger Angriff pflückt er aus der Luft. Was unsere Offensive angeht, dauert es bis in Minute 21, bis Josip den Ball aus der Distanz in die Arme des gegnerischen Tormanns schickt – ein Torschuss, verdammt! Wieder schicken sie einen Ball nach vorn, aber zwei Mann sind bei Kaufmann, lassen nichts zu. Wieder Freiburg, sie schicken mehrere ihrer gefürchteten Flanken in unseren Strafraum, bislang ohne zählbares Ergebnis.

In Minute 27 wäre fast was gegangen bei einem Unioner Angriff auf der linken Seite, aber wir bekommen den womöglich entscheidenden Ball nicht durchgesteckt. Dann ist der Gegner wieder vor unserem Gehäuse, Offensivfoul an Vogt. Der spielt auf, als agiere er seit Ewigkeiten in unserem Abwehrzentrum, am Ende wird er der Unioner mit den meisten Ballkontakten und gewonnen Zweikämpfen sein.

Kein Gegentor vor der Pause!

In Minute 30 die dritte Ecke für Freiburg, eine Minute drauf die nächste Riesenchance für die Breisgauer: der Kopfball streicht diesmal auf der linken Seite knapp vorbei. Das Ganze mutet mittlerweile an wie Spitzenteam gegen Kellerkind – halt so, wie es die Tabelle zeigt. Ein Union-Freistoß ohne Gefahr, gefolgt von der nächsten klaren Freiburger Torchance. „F-C-U-Fußballclub Union Berlin!“, kommt es von den Rängen, bald gefolgt von „Union, Union!“

 

 

Immer wieder höre ich Unsere zwischen den Gesängen der Freiburger, aufm Platz sind die Verhältnisse weitaus klarer. Allerdings stehen Unsere hinten wirklich gut, und Alex Kràl ackert fleißig vor der Abwehr. Schade, der Schiri bescheinigt uns ein Abseits, das womöglich keines war. Kràl klärt ins Seitenaus, die Halbzeit ist fast rum – bitte nicht schon wieder ein Gegentor kurz vorm Pausentee, flehe ich Richtung Fußballgott – er erhört mich.

Alles, nur kein Elfer! … Bitte

Klare Freiburg-Halbzeit, in der Unsere 2 Kilometer mehr liefen als der Gegner, und was kommt jetzt? „Bittebitte auch weiterhin nicht so’n Ding wie jüngst in Bochum!“, lautet meine nächste Fürbitte. Vogt passt, Kaufmann versucht was, dann wieder Freiburg. Deren gefürchtetster Stürmer kommt zu seiner ersten Chance. Sein Kopfball geht zum Glück weit übers Tor. Einwurf Union nahe der gegnerischen Eckfahne: Ein Unioner bietet sich an, zwei Freiburger laufen ihn zu.

Unserer ersten Ecke folgt ein Freiburger Konter, den Aaronson erstickt, wofür er die erste Gelbe des Spiels kassiert. Klare Sache, wobei der Freiburger sich nicht fallen ließ, das Ding durchbringen wollte, wofür ich ihm Beifall zolle. Wieder brennt es vor unserem Tor, ein Spieler klärt für unseren Tormann, der hier machtlos gewesen wäre, Wie um Fußballgottes Willen soll das hier noch so lange gut gehen? Angriff Freiburg, Zweikampf mit Juranovic: Beide treten den Ball, der Freiburger geht zu Boden – der Schiri wartet, was ihm der Keller vermeldet. Jetzt bloß keinen Elfer!

Permanente Schwerstarbeit

Nee, sagt Fußballgott, doch die Lage da unten spitzt sich immer mehr zu. Unser Trainer bereitet mehrere Wechsel vor. Der gefürchtete Freiburger Stürmer will den Schuss seines Kollegen ins Netz vollenden, klärt dabei aber für uns den sonst womöglich unhaltbaren Ball – wie lange macht Fußballgott das noch mit? Unioner Fehlpass vor unserem Gehäuse – diesmal klärt Knoche das Ding. Dann ein fast schneller Konter, Käpten Roussillon vorm gegnerischen Tor, köpft in die Arme des Keepers.

Wir wollen verdammich nochmal endlich wechseln, aber der Spielverlauf lässt es nicht zu. Hoffentlich kühlen die drei Eisernen da am Spielfeldrand nicht völlig aus! Endlich ist es soweit: 2. Ecke für Union, gewürzt mit den neuen Unionern Behrens und Schäfer, dazu komplettiert Gosens das Ensemble der drei Kevins. Die Ecke wird abgewehrt, den zweiten Ball hat der Keeper sicher. Unsere ackern sich durch das Spiel, doch kommen wir kaum aus der eigenen Hälfte raus.

Irgendwie überstehen!

Irgendwann immerhin ein weiterer Juranović-Fernschuss. Auf der Gegenseite siehts weitaus gefährlicher aus, wie geil wäre heute und hier ein Punkt! Nun wechselt Freiburg, wie vorhin wir im Zusammenspiel mit einer Ecke. Ein Schuss aus kurzer Distanz, unser Keeper fängt das Ding! Ich will gar nicht zusammenzählen, wie viele Treffer wir Stand jetzt ohne Frederik in Rückstand lägen! András holt dank seines eingebauten Ballmagneten eine Ecke raus.

Juranović wird sie treten, und einen frechen Moment lang hoffe ich auf das Wunder, welches jedoch ausbleibt. Stattdessen Freiburger Gegenangriff, der Ball verspringt ihnen in unser Toraus. Unser Trainer nimmt Zeit von der Uhr, bringt Trimmi für Josip. Der muss den kurzen Weg nach draußen nehmen, aber unser etatmäßiger Kapitän braucht ja noch seine Armbinde – wie ich jeden Gegner für diese Szenen hassen würde! Hier aber flehe ich: „Bitte Trimmi, lass hier nichts mehr böset zu!“

Wir haben ihn!

Fünf Ewigkeiten Nachspielzeit, ich höre unser Mantra. Trimmi lässt den Ball klug ins Toraus kullern, Frederik hat genügend Zeit für eine Gelbe – und dann geht’s plötzlich anders herum: Schäfer, Behrens – fast eine Chance! Ich gebe zu, dieses Ding wäre dann vielleicht doch des aus unserer Sicht Guten zu viel gewesen. Fußballgott hat mein vollstes Verständnis, er kann das Ganze natürlich nicht zu offensichtlich machen. Immerhin ertönt der mich erlösende Schlusspfiff.

Ein Punkt in der Fremde, gegen einen offensiv haushoch überlegenen Gegner, das fühlte sich mir wie ein Sieg an. Danke, Frederik, danke Alex, danke den drei Kevins und dabei besonders jenem, der erst gefühlte Stunden zuvor zu uns gestoßen war, danke an jedes einzelne Mitglied dieser Union-Mannschaft. Sie gehen zur Kurve, Applaus von den Rängen und vom Rasen, die Fäuste geballt, „Eisern Union!“ Die Spieler machen sich nackig, reichen oder werfen ihre Trikots auf die Ränge – Eisern heißt dit!


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