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Bildquelle: Partonez [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)
Auch gegen diesen Bundesligisten, quasi eine Nachfahrin der aus DDR-Zeiten bekannten Betriebssportgemeinschaften, begannen wir unsere Bilanz mit klaren Niederlagen. Mit 0:5 und 1:4 verloren wir 2003 und 2017 im Pokal, bevor uns die Werks-Elf aus der Pillenstadt letzte Saison in Leverkusen mit 2:0 nach Hause schickte. Dieses Ergebnis klingt besser, als sich das Spiel für mich anfühlte. Unsere Fußballgötter sahen keinen Stich in der Bay-Arena.
Beim Rückrundenspiel am 15. Februar 2020 An der Alten Försterei erlebte ich eine völlig andere Unionmannschaft. In der 7. Minute gingen wir durch Gente in Führung, da hätte es schon fast 2:0 gestanden. Die Leverkusener drehten das Spiel durch Tore in der 22. Und 83., doch unsere Mannschaft gab den Kampf zu keinem Zeitpunkt auf. Wie eskalierten wir, als Marius Bülter Fußballgott den Ball nur 4 Minuten nach dem Rückstand in die Maschen des richtigen Tors haute! Ein Tor, gefühlt für die Ewigkeit!
Dieses Eisern erkämpfte 2:2 wäre zweifelsohne das diesem Spiel entsprechende Resultat gewesen, doch der große, allmächtige Fußballgott hatte an jenem Wintersamstag eine überaus harte Prüfung für uns parat. Aufgrund zweier Spielunterbrechungen, eine aufgrund der Verletzung eines Unioners, die andere dank der Pyro-Vorstellung der Gästefans, legte der Schiri satte 7 Minuten obendrauf. Leverkusen drückte, und in Nachspielminute 4 geschah das Unfassbare.
Der Ball lag in unserem Tor – und unsere Mannschaft? Sie warfen nochmal alles nach vorne, auch Torwart Rafal Gikiewicz hielt es nicht mehr in seinem Kasten. Tatsächlich kam er an den Ball, doch anders als dereinst gegen Heidenheim blieb ihm und uns der erneute Jubelschrei versagt. Wir Unioner verloren gemeinsam mit erhobenen Köpfen und niemals versiegender Sangeskraft. Und es bewahrheitete sich, was einst für unsere Spiele gegen einen fränkischen Zweitligisten galt: Unsere Niederlagen gegen Leverkusen wurden immer knapper!
Ebenfalls unvergessen unser Sieg An der dank Corona Menschenleeren Alten Försterei. Endlich war es so weit – und wir mussten das Ganze am Fernseher verfolgen, und damit nicht genug. Dem kurz vor Abpfiff erkämpften 1:0 folgte ein aus meiner Sicht äußerst unschönes Nachspiel mit zwei im Leverkusendress agierenden deutschen Nationalspielern als Protagonisten. Drei Spiele Sperre für Marvin Friedrich für ein Vergehen, welches womöglich so gar nicht so stattgefunden hatte, dürften der Beginn einer „wunderbaren“ Antipathie zwischen uns und den Pillenballern markiert haben.
Nun also das Rückspiel. Mein erster Gedanke am Morgen: Bringen wir es hinter uns! Es gehe um Europa, las ich, aber Vorfreude empfinde ich vor allem angesichts unserer nun ja vielleicht doch irgendwie nahenden Rückkehr in die Stadien. Mein Nachbar kriegt die Technik gerade so überredet, dass sie uns das Spiel in der Pillen-Arena zeigt. Es wogt hin und her, Union drängt zur gegnerischen Grundlinie. Und schon wieder greifen wir an. Ein Foul stoppt uns, schade.
In der 7. Minute das Tor für die Werkself – es war Hand dabei, und die Technik sah es. Ok, weiter geht’s. Leverkusen drückt uns hinten rein. Dann wieder Union – schade, babyhafter Abschluss. Dann ist Max Kruse durch, aber er bleibt allein. Union will was und bleibt am Ball. Und jawoll, ein wundervoller Angriff, abgeschlossen mit dem Schuss in die Maschen – wie bitte, Abseits? Aber niemals und nimmer, Mist verdammter!
Kurz darauf ein Schuss auf unser Tor, Andi Luthe pariert! Kurz darauf das Unmögliche: Gegnerischer Angriff über Links, Schuss auf den langen Pfosten, wo ein gegnerischer Spieler steht, gerade so nicht im Abseits, und die Maschen zappeln, die 0815-Hymne Nummer 0815 erklingt, wir liegen hinten. Die direkte Antwort lautet: Gegenabgriff! Leider der Schuss genau auf den Torwart. Unsere Mannschaft greift weiter an, versucht es auch mehrfach mit Fernschüssen, leider ohne zählbares Ergebnis. So geht es in die Pause.
„Kampf, Ehre, Leidenschaft“, lese ich auf dem Shirt des Spielers, der da in der Halbzeitpause von Uli Potofski interviewt wird. Aber das ist doch gar kein Unioner!, begehrt es in mir auf. Der durchaus verdiente Fußballer zeigt sich als überheblicher Pillen-Mann, der am Ende mit einem 2:0 der Werks11 rechnet. Soll er, von mir aus! Das Spiel geht weiter, Leverkusen greift gefährlich an, dann kommt Union!
Max holt nen Freistoß heraus, kurz darauf ist der Ball zu steil für ihn. „Maaaaan!“, brüllt er seinen Frust heraus, weiter geht’s. Urs bringt neue Stürmer, erst Taiwo und Jolle, bald auch noch Becker und Bülter. Etwas in mir hofft, er musste dafür niemanden herausnehmen. Union spielt jetzt tatsächlich so, als wären wir einige Leute mehr auf dem Platz! Unsere greifen an, doch noch immer will es nicht glücken.
Wie wunderbar ist es, unseren ultraschnellen Becker-Awoniyi-Sturm zu erleben. Seit Ewigkeiten sind beide wieder auf dem Platz! Allein schon, ihr Zusammenspiel zu erleben, lohnt das Gucken dieses Spiels! Die Uhr tickt herunter, und schon befinden wir uns in Minute 71. Ein weiter Einwurf auf Jolles Kopf. Mist, der Torwart wehrt ab, aber Jolle kommt erneut an den Ball, haut alle Wut hinein und drischt das Spielgerät in die Maschen! Ich springe auf, juble, obwohl Köln das Ding noch gar nicht durchgewunken hat.
Wie wunderbar, sie finden kein Argument gegen diesen mehrfach verdienten Ausgleich unserer Mannschaft. Eisern Union!, brülle ich die Wohnung meines Nachbarn zusammen. Es passiert noch einiges in diesem Spiel. Unsere Mannschaft gab sich niemals auf, das ist mein persönlicher Dreier in diesem Fußballspiel. Mehrfach kommen die Pillen gefährlich vor unser Tor. Entweder Andi Luthe, ein anderer Spieler oder das Torgestänge sorgen dafür, dass wir kein Gegentor mehr kriegen.
Es wird noch mehrfach dramatisch. Ecke Union, Konter, Ecke Leverkusen, es bleibt ein Spiel auf des Messers Schneide. Am Ende haben wir 13:10 Torschüsse für Union. Drei Kilometer liefen unsere Spieler mehr als der Gegner, hatten knapp mehr Ballbesitz wie gewonnene Zweikämpfe. Ganz ehrlich, dieses 1:1 fühlt sich für mich eindeutig wie ein Sieg an. Bis zur letzten Sekunde hatten wir nicht nur zu zittern, dass wir vielleicht doch noch verlieren. Nee, wir hätten dieses Spiel tatsächlich noch gewinnen können.
Dass ich am Ende vorm Nachbarhaus noch meine Blocknachbarn Jo und Jana treffe, ist für mich das Sahnehäubchen auf diesem Spiel. Europa? Ja, warum denn nicht! Auf jeden Fall bin ich einfach nur stolz auf diese Union-Mannschaft, die dafür sorgt, dass Du, ich und wir alle noch Erstliga-Fußball mit unserem geliebten Verein erleben können. Lasst uns nächste Woche das Ende dieser denkwürdigen Saison feiern und ganz bald wieder dahin zurückkehren, wo wir hingehören: Am Spieltag ins Stadion, Eisern Union!
Wer: Laurenz Dehl (23)
Wann:12.12.2024