Frank Nussbücker: Heimspiel gegen TSG 1899 Hoffenheim mit Folgen

Frank Nussbücker mit dem Bericht zu Union Berlin gegen TSG Hoffenheim

Bildquelle: Frank Nussbücker [], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Das letzte Heimspiel des Jahres stand an. Noch einmal alles raushauen und den Kumpels ein frohes Fest wünschen. Offenbar hielten es viele genau wie ich und waren so früh wie möglich im Stadion – zum Fußballabend mit Bier & Glühwein, wie unser Pressesprecher vorab so freudig verkündet hatte. Kurz nach Einlass stand ich am Barkas, um Saetche, Meisi, Alex und einige andere zu umarmen.

Dann, ebenfalls so früh wie lange nicht, ab in den Block. Die Zeiten, da es völlig ausreichte, eine knappe Stunde vor Anpfiff überm Mittelkreis zu stehen, sind seit jener Nacht im Mai vorbei. Immerhin war es jetzt, gut anderthalb Stunden vor der Wahrheit, noch so locker, dass ich in aller Ruhe mit meinen Steinis quatschen konnte. Ebenfalls früher als sonst erschien die Truppe um Rolf und Lieblings-Italiener Helmut mit den vollen Bierträgern. Es konnte also losgehen.

Union kämpft, werden wir auch siegen?

Der Gästeblock zur Abwechslung eher Ingolstadt-mäßig gefüllt, immerhin Trommeln hatten sie dabei. „Wir lieben Union, jawoll!“, singen wir uns zusammen mit der Waldseite ein. Dazu der Ost-Klassiker „Hasta la vista – olé!“ Was hatten wir zu erwarten von den SAP-Kickern? Erst mal trommelnde Gästefans. Ihr Intro komplettieren wir mit „Auf geht’s Union, kämpfen und siegen!“ Und weil es so schön ist, gleich mal Arme vor und drei Durchgänge „… Die 1. Bundesliga ist für uns nun endlich da!

Mitten im Gesang „Fußballclub Union Berlin – mein Lebenselixier“ Ecke Union: flach und gefährlich, leider zappelt der Ball nicht im Netz. Der 2. Ecke, begleitet von „Auf geht’s Union, kämpfen und siegen!“ folgt ein Fast-Konter der Gäste. Ein Blauer fällt lieber hin, statt den Spielzug zu vollenden. 13. Spielminute, ein genialer Angriff über links, Hereingabe – warum trifft unser Stürmer den Ball nicht?

Wenn du das Ding nicht machst …

Es gibt weitere Ecken für uns, ein paar Gelbe Karten für die Gäste, die jedoch zunehmend Erfolge verbuchen. Ihr weiterhin stetes Hingefalle beeindruckt den Schiedsrichter wieder und wieder. Union macht das Spiel, ist klar die bessere Mannschaft – nur der ach so wichtige Treffer will und will nicht gelingen. Die von uns besungene „Abwehr aus Granit“ wird zum Markenzeichen unseres Gegners. Als die Gäste nach 34 Minuten gleich mehrmals vor unser Tor kommen. „Lasst die doch nicht spielen!“, brüllt Rolf.

39. Minute – der Gegner ist durch. Wir erstarren, das ist eine mindestens 100-Prozentige Chance – vorbei, wir atmen wieder. „Union, Union!“ schallt es mahnend durchs Stadion, bevor wir die Schönheit Köpenicks besingen. Ich bin erleichtert, als der Schiri endlich zur Pause pfeift. Diese letzten Minuten waren doch sehr gefährlich. Steini jr. zeigt eine ernste Miene. „Wenn du das Ding nicht machst …“, er braucht nicht weitersprechen.

Eiserner Abschied, Eiserner Trank

In der Pause lässt uns der Stadionsprecher am Überlebenskampf zweier Unioner teilhaben. Drücken wir alle die Daumen, dass sie den Kampf gewinnen. Und wir haben auch wieder Unioner zu verabschieden. Einer trat seine Reise in Block H in seinem Lieblings-Unionshirt an: „NEHMT EUER HERZ IN BEIDE HÄNDE“. Seine Hände hielten den Unionschal, als er einschlief. Eiserne Kumpels hatten seinen letzten Tag begleitet, die Liste derer, die mit ihm Union lebten und jetzt allein im Block stehen, will gar nicht enden.

 

 

Das Spiel geht weiter. Rolf hat den Ernst der Lage erkannt und Jo beauftragt, Bier zu besorgen. Literbecher, es geht nicht anders! Damit verbunden natürlich auch die Hoffnung, dass wir einen Teil des Gerstensafts zum Feiern Eiserner Tore stiften müssen. Doch das wird immer unwahrscheinlicher. Die Gäste verteidigen souverän, liegen unseren ohnehin schon arg geschundenen Rasen platt und erzielen zu allem Übel auch noch das 0:1.

Auf jeden Einzelnen kommt es an!

Union kämpft, wir singen. „Jetzt kommt es auf jeden Einzelnen an, ich will, dass ihr alle mitmacht!“, schreit ein junger Typ zu uns hoch. Ganz ehrlich: Ich bin ihm dankbar. Lasst uns alles raushaun, was wir noch haben! Mein Literbecher wird leerer und leerer, meine Stimme ist bestens geölt. Ich singe an gegen dieses lähmende Gefühl, dass dieser verdammte Ball heute partout nicht ins richtige Tor will.

Ein elender Hoffenheimer macht den Deckel zu, in der 1. Minute der Nachspielzeit. Das Spiel ist aus, und noch immer sind wir es, die singen. Unser Mantra vom FC Union, unsrer Liebe, unsrer Mannschaft, unserm Stolz erschallt, während die Mannschaft ihre Ehrenrunde absolviert. Als wir gar noch den Union-Walzer anstimmen, ist Rafal offenbar bedient. Ganz sicher brachte er seinen Vorderleuten in der Kabine einige Takte so gar nicht im Dreivierteltakt zu Gehör.

Eisern durch die Nacht

Ja, es gibt diese Tage, an denen es partout nicht klappt mit dem zweiten Teil vom Kämpfen und Siegen. Dass die Mannschaft ersteres tat, steht außer Frage. Und es wird nicht der letzte Gegner sein, der nicht nur einen Haufen Geld mehr als wir zur Verfügung hat, sondern dessen Spieler obendrein auch noch abgezockter sind als wir. Rolf jedenfalls zählt diese Hoffenheimer zu Meisterschülern der Sandhäuser Schauspielschule. An Rolf lag’s jedenfalls nicht, die Literbecher waren beste Stimmband-Munition.

Am Barkas treffe ich endlich auch mal wieder Sam. Der Frage, ob denn nun noch eine S-Bahn fährt, enthebt uns Barkasfahrer Schmü: „Ick nehm euch mit zu vierC, den Rest fahren wir mit der Tram!“ Es tut gut, vom herzhaft duftenden Zweitakter durch die Stadt gekutscht zu werden. Wir vertrauen uns ihnen an, dem altehrwürdigen Union-Schlachtross und seinem Fahrer Schmü, der das Ding lenkt, als tue er das bereits ein Leben lang. Günni wird im Eisernen Himmel seine Freude dran haben, genau wie Sam und ich in dieser Nacht. Es ist schön, Unioner zu sein.


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