Frank Nussbücker: Was für ein Kracher! - Union nimmt die Punkte aus Frankfurt mit

Frank Nussbücker über den Sieg von Union Berlin gegen Eintracht Frankfurt

Bildquelle: Yvonne Paterek [], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Arbeit, Sorgen, Rotz – und leider keinen Hang zur 5. Jahreszeit, dem alles auf den Kopf stellenden Karneval! Wie gut, dass es da Fußball gibt. Leider in vielen Ligen auch weiterhin am Montag, weshalb die Frankfurter Ultras ihren Steher-Block leer lassen. Verrückte Welt! Ich achte ihren Protest aus tiefem Herzen – und denke zugleich: Haben unsere Auswärtsfahrer die reelle Chance, auch in diesem überaus lauten Stadion bestens gehört zu werden. Und ich bin froh, dass ich einen guten Freund mit Fernseher besuchen kann.

Robert hat liebevoll „gekocht“: Auf dem Tisch stehen 3 edle Biere, Salzgebäck, Gürkchen, Perlzwiebeln, und der große Bildschirm zeigt die Katakomben der Frankfurter Bank-Arena. Für zwei Stunden alle Sorgen vergessen, weil’s nur noch Platz für die eine gibt: Union braucht Punkte für den Klassenerhalt! Punkte gegen die Eintracht aus Frankfurt am Main? Allein schon, dass die reelle Chance besteht, die zu erringen, ist ein purer Grund zur Freude!

„Die Mauer muss weg!“

Denke ich an den heutigen Gegner, fällt mir zuerst der 26. März 2012 ein. Nachdem wir auswärts „nur“ 3:1 verloren hatten, stand unser Heimspiel gegen die SGE im Zeichen der Solidarität mit den vom DFB ausgesperrten Frankfurter Fans. Viele bekamen Karten über Unioner, und als sie zur 2. Halbzeit geradezu friedlich den Sitzplatzbereich des Gästeblocks erstürmten, unterstützten wir sie akustisch mit: „Die Mauer muss weg!“ Wir meinten das Bauwerk aus Beton – in den Köpfen so mancher Fußball-Funktionäre.

Auf dem Platz hatten wir nichts zu bestellen, 0:4 bügelte uns der Bundesligist weg. Siebeneinhalb Jahre und einen Tag später, mittlerweile sind wir selbst Bundesligist, fiel das Ganze schon deutlich knapper aus. „Respekt an die Mannschaft!“, hatte mir Blocknachbar Rolf zugebrüllt. Zweimal hatten uns die Adler kalt erwischt, und doch waren wir zurückgekommen … fast. Und heute?

Eiserner Kampf und wippende Arme

Die Frankfurter sind trotz leerer Steh-Tribüne laut, und ihre Mannschaft drückt! Spätestens, als unsere die ersten Eckbälle rausholen, macht sich die Gelbsperre unseres Kapitäns bemerkbar. „Eisern Union!“, schallt es von den Rängen. Unsere zeigen gute Angriffe – untermalt vom derzeit dritten Wechselgesang. Der Bildschirm zeigt dessen letzten Akt: Tausende kreiselnde Schal-Propeller. Frankfurt gefährlich vorm Tor, im Gegenzug wir – Abseits, schade. Gesänge, hüpfende Unioner, kurz vor Schluss ein schneller Angriff der Eintracht – „Und wir lieben unsern Club, und wir sind stolz auf ihn!“

Neue Halbzeit, neues Bier – und ein Unioner will den Ball vehementer als zwei gegnerische Feldspieler. Der Torwart kommt zu spät für Christopher Lenz‘ tödlichen Pass auf den bestens postierten Sebastian Andersson – und drin ist der Ball! Dem Jubel unserer Auswärtsfahrer folgt die echteste aller Torhymnen: „FC Union, Du wirst siegen, glaub an Dich, und es wird wahr / Die 1. Bundesliga ist für uns nun endlich da!“ Aus vollster Kehle, mit wippenden Armen, ohne jedwedes Anlagen-Gedudel.

Union am Ball!

Frankfurt kommt nicht an unserer Defensive vorbei, „Wir lieben Union, jawoll!“ Plötzlich ein wunderbarer Angriff der Unseren – schaaade, ist Bülter zu aufgeregt? Spiel- und Lebenzeit vergehen, da sind wir wieder vor des Gegners Tor. Souveräne Ballbehauptung, strammer Pass aus der Mitte nach Linksaußen, Hereingabe auf unseren erneut super gestarteten Stürmer! Dieses Mal ist er nicht selbst der Vollstrecker. Stattdessen zwingt er seinen Gegenspieler zum ungewollten Abpraller ins eigene Tor!

 

 

Nun springen auch wir schreiend auf. Was für eine Befreiung, was für eine geile Union-Mannschaft, was für ein Eiserner Regen-Abend, was für ein wunderschönes Leben! Kurz drauf der pralle Ernst des Alltags: Ein Frankfurter allein vor unserm Tor – Rafa haut sich dazwischen, aufatmen! Als in der 74. Minute „Dem Morgengrauen entgegen“ erklingt, läuten bei mir die Alarmglocken. „Da passiert nichts mehr“, verrät der Mann zwischen Robert und mir, dass er kein Unioner ist.

Kommt doch her, ihr Sorgen!

Es dauert immerhin noch gut 4 Minuten bis zu dem heillosen Gestocher in unserem Strafraum, welches ein Frankfurter mit einem Hackenschuss in die Beine eines Eisernen abschließt. Nun also haben auch sie uns ein Eigentor aufgezwungen. Die Stadionanlage wird zum lautesten Frankfurter und dudelt eine Art Marsch, der für meine ungeübten Ohren irgendwie bayrisch klingt. Den möchte ich heute kein zweites Mal hören!

Frankfurt greift an, endlich mal wieder eine Entlastungs-Ecke. Dauerbeschuss unseres Tors, Rafa wehrt den Ball zweimal kurz ab, dann begräbt er ihn endlich unter sich. „He FC Union!“, höre ich die Auswärtsfahrer. Urs‘ letzten Wechsel in der 90. untermalen sie mit dem Eisernen Mantra: „FC Union, unsre Liebe, unsre Mannschaft, unser Solz …!“ 5 Minuten Nachspielzeit für fast nichts – na und? Unsere Mannschaft lässt sich hier nichts mehr nehmen. Was für wunderbare 29 Punkte. Weiterhin 9 Zähler Abstand auf den bösen Relegationsplatz, da kann mir auch diese Woche mit all ihren Sorgen nichts anhaben. Eisern heißt dit!


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