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Bildquelle: Harleypaul on Tour [], (Bild bearbeitet)
Jede Menge hitzige Situationen konnte man gestern beim Nachholspiel des 1. FC Union Berlin beim FC Bayern München erleben. Dass die Eisernen am Ende nur mit 0:1 denkbar knapp verloren und damit eine Klatsche vermieden haben, gerät leider in den Hintergrund. Über das Ergebnis des gestrigen Abends spricht kaum noch jemand, was wirklich schade ist, denn defensiv haben es die Jungs gut hinbekommen.
Vielleicht wäre auch mit etwas mehr Mut und Spielglück mehr drin gewesen, aber sei es drum. Am Ende können wir uns auch von irgendwelchen Mutmaßungen nichts kaufen. Viel brisanter ist da schon der Einsatz von Nenad Bjelica gegen Leroy Sané. Eigentlich wissen wir es alle, dass diese Aktion komplett unnötig war, denn damit hat er sich und seiner Mannschaft am Ende nur geschadet.
Bjelica fühlte sich von Sané provoziert und reagierte. So auch die Aussage des Trainers. Lässt sich seine Reaktion tatsächlich damit einfach so erklären? Ich finde nicht, denn wenn man sich die Szenen doch einmal etwas genauer anschaut, dann sieht man etwas, das in jedem Spiel vorkommt, in dem es knapp zur Sache geht.
Bjelica meinte, er wollte Sané den Ball geben. Die Bilder zeigen leider etwas anderes. Es machte eher den Anschein, als wolle der Kroate das Spiel verlangsamen, indem er das Spielgerät eben nicht schnell herausgibt. Nur welchen Sinn macht das, wenn man eh zurückliegt und sich das Geschehen auf Höhe der Mittellinie abspielt? Eigentlich keinen, oder? Hätte man bei einem Remis gestanden oder gar geführt, dann wäre das Zeitspiel, denn nichts anderes ist es, durchaus nachvollziehbar gewesen.
Okay, Leroy Sané, den ich echt nicht leiden kann und ebenso der Meinung bin, dass er immer wieder für seine Provokationen bekannt ist, hat versucht, Bjelica den Ball aus der Hand zu schlagen. Reaktion vom Trainer: er greift dem Bayern-Millionär ins Gesicht und es kommt zum Wortgefecht, in dessen Folge er ihm erneut ins Gesicht langt. Beim ersten Mal kann man noch davon sprechen, dass es im Eifer des Gefechts passiert. Wie möchte man aber die zweite Aktion begründen?
In einem sind wir uns zu großen Teilen sicher einig: Die Hand hat dort nichts zu suchen und die Rote Karte ist berechtigt. Wäre es umgekehrt geschehen, hätten wir eben jenen Platzverweis auch gefordert und hätten uns fürchterlich darüber aufgeregt, wenn der vermeintliche Täter „nur“ Gelb gesehen hätte. So ehrlich kann man ruhig sein.
Selbstverständlich wird diese Szene nicht nur im Union-Umfeld heiß diskutiert, sondern eben in fast ganz Fußball-Deutschland. Und ehrlich gesagt, hat Bjelica keinem damit einen Gefallen getan. Dass er das weiß, hat er ja bereits zugegeben. Dass er sich dafür aber bei Sané entschuldigt, lehnt er ab. Für mich bedeutet es allerdings auch, dass er sein Fehlverhalten nicht zu 100% einsieht.
Entweder baue ich auf gut Deutsch gesagt Scheiße, sehe es ein und entschuldige mich oder ich weiß, dass ich Mist gebaut habe, aber entschuldige mich dennoch nicht und sehe mein Verhalten insgeheim auch nicht als weiter schlimm ein. Ist es der Stolz, der ihm im Weg steht? Hat Sané eventuell im Wortgefecht etwas von sich gegeben, wovon wir nichts wissen, weswegen Nenad Bjelica sich nicht bei ihm entschuldigen möchte? Wir werden es wohl nicht erfahren.
Die beiden Streithähne kommen mir jedenfalls vor, als hätte man einen Disput im Buddelkasten um die Schippe, wer sie nun bekommen soll. Ja, Emotionen gehören zum Sport. Und ja, auch die Reaktion von Bjelica ist menschlich. Dennoch ist sie nicht korrekt und da bringt es auch wenig, wenn dies relativiert wird, weil ein Herr Sané für seine provokante Art bekannt ist und man der Meinung sei, dass es den Richtigen traf. Ich muss mich doch als Trainer eines Profiklubs so im Griff haben, dass ich nicht körperlich werde. Allein die Vorbildfunktion, die man als Trainer einnimmt, verbietet es mir, so zu reagieren.
Auch das Image des 1. FC Union Berlin hat darunter gelitten. Das kann man nun Belächeln oder eben auch nicht. Fakt ist, dass die Aktion völlig drüber war. Ist er noch tragbar? Diese Frage müssen wir uns leider gefallen lassen.
Denkt man an den verweigerten Handschlag Fofanas zurück, so war man an dieser Stelle konsequent. Vor allem Bjelica, der ja nun wirklich als Disziplinfanatiker bekannt ist, hatte sich gestern nicht im Griff. Was sagt das auch über seinen Führungsstil aus? Er lebte gestern Abend dem Team etwas vor, was er auf der anderen Seite nicht erleben möchte. Das passt halt nicht logisch zusammen.
Dass aktuell auch die Trainerfrage gestellt wird, ist verständlich, denn jeder Unioner hat eine eigene Meinung. Das ist auch völlig richtig. Meinungen können auch geäußert werden, ohne sich gegenseitig zu zerfleischen. Ich für meinen Teil muss leider sagen, wenn jemand körperlich wird, dann ist er bei uns am falschen Platz. Gewalt, und ja, auch das Wischen im Gesicht des Gegners, ist eine Handgreiflichkeit.
Die Frage ist doch, wie geht es jetzt weiter? Nenad wurde nun vom DFB für drei Spiele gesperrt und zu einer Geldstrafe in Höhe von 25.000€ verdonnert. Alles andere wäre überraschend. Ausgerechnet im Kampf um den Klassenerhalt fehlt der Dirigent an der Seitenlinie. Unpassender könnte der Zeitpunkt nicht sein. Wenn man ehrlich ist, müsste er leider entlassen werden. In fast jedem Unternehmen wäre dies ein Kündigungsgrund.
Ob das auch bei Union Berlin der Fall sein wird, muss die Führungsriege entscheiden. Wenn man jedoch ehrlich ist, käme man um seine Entlassung nicht umher. Allein aus Gründen, die unsere Werte in dem Moment nicht widerspiegeln, gibt es eigentlich nur eine Lösung - Trainerentlassung. Das hat auch nichts damit zu tun, dass man nun gegen den eigenen Trainer schießt. Absolut nicht, denn das liegt mir fern. Das hat viel mehr mit einer objektiven Bewertung der Sachlage zu tun.
Ich bin ehrlich gesagt froh, dass ich diese Entscheidung nicht treffen muss. Hierbei kann es eigentlich fast nur Verlierer geben. Zum einen Nenad Bjelica, der im schlimmsten Fall seinen Hut nehmen muss und zum anderen der Verein, der in der Außendarstellung nicht gut wegkommt. Der Imageschaden ist vorhanden und nun gilt es, Schadensbegrenzung zu betreiben.
Dirk Zingler und Co werden sich abstimmen und hoffentlich die beste Entscheidung für den Verein treffen. Diese gilt es dann zu akzeptieren, auch wenn es dem einen oder anderen nicht gefällt. Es wäre nicht überraschend, wenn am Ende ein neuer Trainer auf der Bank säße. So ehrlich darf man ruhig sein.
Wer: Martin Krüger (45)
Wann:26.11.2024