Frank Nussbücker: Eisern bleiben – gerade, wenn’s wehtut!

Tut es weh, so bleiben wir eisern

Bildquelle: Harleypaul on Tour [], (Bild bearbeitet)

69 Tage lang waren wir das einzige Team der „Ewigen Bundesliga-Tabelle“ mit einem ausgeglichenen Torverhältnis (165:165)! Unsere Bilanz von 48 Siegen, 31 Remis und 38 Niederlagen hätte uns vor & nach unserem 1. Bundesligaspiel im Frühjahr 2019 – einschließlich mir selbst – niemand zugetraut. Mittlerweile belegen wir Platz 35 von 56 Clubs, die jemals in Deutschlands Beletage kickten, verdammt stark! Satte 36 Punkte sind es bis Platz 34 – na und?!

Wir sind im 4. Jahr dabei, allein schon das ist ein Riesending! Alle vor uns Platzierten haben 2 bis 58 BuLi-Spielzeiten mehr aufm Buckel. Was können wir dafür, dass wir von 1966 bis 1990 in einem anderen Land kickten, immerhin 16 Spielzeiten erstklassig! An den Eisernen auf den Rängen lag‘s nicht, die sangen bereits in den 70ern: „Union muss, Union muss in die Bundesliga rein / denn die Oberliga ist zu klein!

„Fußballgott“ für immer I

Aber keine Tabelle noch Liga der Welt sorgen dafür, dass ich meinem nächsten Wohnzimmerbesuch derart entgegenfiebere. Es ist diese urige Mischung aus Bratwurst- und Bierduft, das Singen im geilsten Massenchor diese Welt nebst dem tief gefühlten Wissen, dass hier der Ort ist, an dem wir „gewinnen, selbst wenn wir verlier’n“! Dazu ein Ort, an dem wir ehemalige Union-Spieler auch herzlich willkommen heißen, wenn sie im Trikot des Gegners hierher zurückkehren.

Nie vergesse ich, wie Grischa Prömel dereinst damit haderte, dass er zum Derby AdAF nicht auflaufen konnte, Auch an diesem Samstag wird er nicht auf dem Platz stehen. Ich bin irgendwie ganz froh, dass er uns im SAP-Trikot kein Tor reinhauen oder unserer Mannschaft sonst wie zusetzen wird, Natürlich wünsche ich ihm beste Genesung und die baldige Rückkehr auf den Platz! Und selbst wenn er uns eines Tages auf selbigem noch so sehr wehtut, ändert das nichts an seinem Status: Fußballgott, Aufstiegsheld und unermüdlicher Ackerer in 141 Pflichtspielen für den 1. FCU!

„Fußballgott“ für immer II

Seit vorgestern ist klar, dass ein weiterer Eiserner Held fortan nicht mehr für uns spielen wird. In seinen 109 Pflichtspieleinsätzen in fast viereinhalb Spielzeiten gab Julian Ryerson alles für unseren Verein. Mehr und mehr kämpfte er sich in die Startelf, längst nicht nur auf seiner angestammten rechten Außenbahn. Können, Kampfgeist und eine immense Vielseitigkeit machten ihn für viele zum zukünftigen Mannschaftskapitän – nun kickt er bei den „kleinen Bayern“ aus dem Signal Iduna Park. So ist das Leben, so läuft das Geschäft, für Dich das Beste, Julian Ryerson-Fußballgott!

Dass wir trotz für unsere Verhältnisse geradezu fantastischer Zahlen nie und nimmer zu den 4 superreichen Clubs unseres Landes gehören, momentan liegen wir vom Marktwert her auf Rang 13, wusste ich so gut wie fast jeder andere. Verdammt weh tut es mir dennoch, dass die Nachricht von Julians Wechsel kein Gerücht mehr ist. Dass sich die Reichsten und dadurch Mächtigsten die Rosinen rauspicken und wir anderen trotzdem unermüdlich weiterkämpfen müssen, erleben viele von uns im täglichen Alltag.

 

 

„Du hast keine Chance, also nutze sie“

Genau das zeichnet Unionerinnen und Unioner seit Generationen aus. „Du hast keine Chance, also nutze sie!“, lautete das Leitmotiv des von Fans viele, viele Jahre nach seinem letzten Spiel für unseren 1. FCU gekürten Wertvollsten Unioners aller Zeiten. Mein Jugend-Idol Wolfgang „Potti“ Matthies, dazu Andora, Robo, den Taz-Unioner wie etliche andere Eiserne erlebe ich in Tim Evers Union-Doku. Der erzählt mir einmal mehr: Es sind die Menschen neben mir im Block, die mich süchtig nach Union machen!

Dazu kommen immer wieder Spieler wie Potti, Bulle Sigusch, Rolli Weber … Sebastian Bönig, Tusche, Stuffi, Micha Parensen, Damir Kreilach oder Käpten Trimmel, um hier nur einige wenige zu nennen. Viele Spieler werden spätestens nach dem Ende ihrer Fußballer-Karrieren das, was viele von uns waren, sind und alle Zeit bleiben: Unioner im Herzen! Wer weiß, vielleicht sehen wir auch Grischa, Julian und ganz sicher so manch anderen ehemals aktiven Unioner eines Tages in unserem Wohnzimmer wieder, ohne dass sie das Trikot unseres Gegners tragen.

„Wir werden ewig leben!“

Es war zu erwarten, dass wir diese Rückrunde plus 2 Bundesligapartien, DFB-Pokal und Europa League dann doch noch mit Handicap in Angriff nehmen müssen. Dass es mit Ryersons Weggang – und wer weiß, wer ihm womöglich noch folgt – derart einschlagen würde, brachte mich dann doch erst mal aus dem Takt. Drüber geschlafen, sage ich: Vertrauen wir denen, die da sind, wie uns Urs lehrt. Mannschaft, Stab und Olli Ruhnerts Abteilung Sport werden jetzt erst recht ihr Bestes geben.

Genau wie wir, die wir auf den Rängen wie anderswo bangen und feiern, flüstern & schreien, singen, verzweifeln, triumphieren – Union leben! Zumindest uns kann es nur stärker machen, wenn wir auch dieses Handicap meistern, von dem ich nur eines weiß: Es wird nicht das letzte bleiben. Noch immer haben wir 3 Wettbewerbe vor der Brust, gleich mal 3 englische Wochen, mindestens zwei weitere folgen auf dem Fuße. Da kann es nur eins geben: Alle zusammen für Union! Egal, wie dicke es kommt, nur zusammen bestehen wir, Eisern heißt dit!


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