Frank Nussbücker: Union Berlin Remis gegen S04 - Der Bessere gewinnt nicht immer

Union Berlin mit Remis gegen S04

Bildquelle: Zakarie Faibis [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons (Bild bearbeitet)

Wieder ein Heimspiel unserer Mannschaft im leeren Stadion An der Alten Försterei. Wieder bei einem Unioner-Freund, der extra zum Spiel so wunderbar „gekocht“ hat, sprich lauter leckere Häppchen zum Bier. Wieder mal gegen Schalke – eine Begegnung, die noch vor ein paar Jahren das Highlight für uns gewesen wäre. Heute ist es immerhin das „Topspiel“ des Abo-Senders Sky. Geisterspiel Nummer ich weiß es nicht.

Die Zeit vorm Anpfiff im Rhythmus des Lockdowns: Video-Telefonkonferenz mit Käpten Heller und unserer U-1966-Truppe. Wir prosten uns zu, trinken auf unseren erkrankten Leutnant Seku, der Käpten tippt wie ich auf ein Unentschieden. Ich tippe höchst ungern. Hoffe, dass wir die gerade erstarkenden Schalker heute nicht aufbauen. Dann noch schnell bei Schulfreund Berge im Pott vorbeischauen. Seine Frau Tina ist Schalkerin und schreibt: „Ich hab Dich trotzdem lieb.“

Zaunfahne, statt moderiertes Gedudel

Heute zum Spiel trage ich die dicken Union-Socken, die sie mir vor paar Jahren zum Geburtstag schenkte. Ich find das alles nicht lustig – schreibe es nur auf, damit ich mich später daran erinnere, wie ich in diesen Zeiten Union kiekte. Die Spieler kommen aufs Feld, im Stadion erklingt unsere Hymne. Ja, ich finde es gut, dass danach keine Ansagen und sowieso niemals eine Torhymne erklingen wird. Stattdessen auf der Gegengerade die Zaunfahne der Ultras: „SEIFERT & CO, LASST DEN WORTEN ENDLICH TATEN FOLGEN!

Schalke 04 gewinnt die Platzwahl, lässt unsere dennoch die erste Halbzeit aufs Wuhletor zu spielen, Peace! Dann geht’s gleich in die Vollen. Zwei Minuten von der Uhr, da sieht unser Käpten nach einem Kampf um den Ball Gelb. Muss so was sein? Anderthalb Minuten später stürmt Awoniyi frei auf den Torwart zu. Mist, ihm verspringt der Ball. Der Keeper wehrt ab, der Nachschuss fliegt sonst wohin. Schade, aber ein Achtungszeichen!

Unioner Sturmlauf

Immer wieder lassen sich unsere Fußballgötter vorm gegnerischen Tor sehen. In der zehnten Minute kommt Jolle im Strafraum einen kleinen Tick zu spät an den Ball. Er trifft ihn nicht richtig, das sah äußerst gefährlich aus! Andrich schießt aus der zweiten Reihe – leider drüber. In der 22. Spielminute liegen zwei Schalker in unserem Strafraum. Zumindest der zweite fiel so, dass es selbst in der Zeitlupe verdammt nach beabsichtigtem Hinfaller aussah. Die Schrecksekunde dehnt sich – nein, kein Elfer für nichts, aufatmen!

Doch Schalke kommt jetzt. In der 29. streicht der Ball ganz knapp am rechten Pfosten vorbei. Uff, da wäre Keeper Karius nicht rangekommen, der Andreas Luthe heute vertritt. Trauerfall in der Familie, mein Beileid! In der 35. bekommt auch Schalke eine Gelbe verpasst – und wir den dazugehörigen Freistoß. Ingvartsens Schuss wird geblockt, doch Gentner schickt den Ball erneut Richtung Tor – seeeeehr knapp rechts vorbei, schade!

Jetzt doch aber!

Wurde Awoniyi da gerade im Strafraum gelegt? Auch hier schüttelt der Schiri den Kopf, zu Unrecht? Kurz darauf Freistoß für Union, beantwortet von einem Schalker Konter, dann ist Pause. Zeit für eins, zwei Video-Konferenzen am Telefon, digitaler Ersatz fürs gepflegte Gespräch mit den Blocknachbarn. Und mein Eiserner Gastgeber fährt eine neue Runde leckerste Salami-Scheibchen auf. Bislang ist das Unentschieden ein geschenkter Punkt für Schalke.

Andrich legt los, leider etwas zu hastig, übers Tor. Ein Schalker fällt, der Schiri unterbricht das Spiel. Das tröpfelt so dahin, bis Union mal wieder einen starken Angriff bringt. Gießelmann auf Jolle – schade, er kommt nicht ran. Gleich darauf Riesenchance für Awoniyi, die dafür sorgt, dass mein Gastgeber und ich abrupt sein Sofa verrücken. In der 76. erkämpfen Unsere die erste Ecke. Wieder wird ein Unioner im Strafraum gelegt – und wieder nix! Wofür bekam unser Käpten nochmal seine gelbe Karte?

Nicht immer siegt der Bessere

In der 74. erhält Schalke einen Strafraum aus bester Position und Hübner eine gelbe Karte. Union stellt die Mauer mit einem am Boden liegenden Spieler dahinter. Der Schuss segelt weit übers Tor. In der 79. muss Karius zur Ecke klären. Die ist zum Glück so harmlos wie zuvor der Freistoß. Aber Schalke belagert jetzt unser Tor. Zwischendrin eine Riesenchance für uns, doch Ingvartsen kriegt nicht genug Druck hinter seinen Kopfball, und wieder fräsen sich die Sofabeine in die Dielen.

Schalke greift wieder an, und schließlich fällt auch mal wieder ein Blauer. „Jetzt willste auch noch’n Elfmeter haben, du Arschloch?!“, brüllt ihn mein Gastgeber an. Dann ist das Spiel aus. „Eine Niederlage, getarnt als Unentschieden“, schreibt mir ein Unioner-Freund, „wenigstens haben wir die Mumie nicht mit einem Gegentor komplett wiederbelebt.“ In der Tat erschien mir das Gefährlichste an den Schalkern die Physiognomie ihres Trainers. In seiner Gazprom-Jacke sah er mir wie ein berüchtigter Ex-Rausschmeißer aus Sibirien aus. Immerhin wieder ein Punkt mehr – ich hätte nie gedacht, dass Union gegen diesen Gegner mal die bessere Mannschaft aufm Platz haben würde. Eisern heißt dit!


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